01.12.2025 Duckland Studio Hamburg
LOOM Sessions:
Oliver Edward
Auftakt der LOOM Sessions in Hamburg: Oliver Edward gibt Solokonzert-Debüt.
Von der großen Bühne des Operettenhauses ins intime Duckland-Wohnzimmer: Am 1. Dezember lud Oliver Edward, der derzeit als François in der erfolgreichen Stage-Entertainment-Produktion &JULIA zu sehen ist, im Rahmen einer LOOM Session (produziert von Alessandro Coccocia) zu seinem ersten Solokonzert ins Hamburger Duckland Studio ein. Unterstützt wurde er dabei von &JULIA-Kollegin Chiara Fuhrmann sowie Art Brauer, der die musikalische Leitung des Konzerts übernahm. Wie Oliver selbst diesen besonderen Abend empfunden hat und warum es in Hamburg unbedingt weitere LOOM Sessions braucht, haben wir im Nachgang mit ihm besprochen und hier für euch zusammengefasst.
Eine Studiobühne, zwei Sitzhocker, ein E-Piano und Platz für circa 120 Menschen, die eine Begeisterung für Musicals wie HAMILTON und &JULIA verbindet. Ein Raum, „where art, music & culture become conversation“ (loom.sessions). Wie gut das gelingen kann, beweist Oliver Edward bereits in den ersten Minuten seines Konzerts, das er mit einer Hommage an die deutsche Produktion von HAMILTON eröffnet. Mit Songs wie „Ein Schuss“, „Sag Nein dazu“, „Haust uns alle um“ und „Ruhiger Uptown“ reißt er das Publikum ebenso mit wie mit Anekdoten aus dieser Zeit – von auf und hinter der Bühne.
„Ich wollte die Leute abholen mit ihrer Erinnerung an diese Show, die so nicht mehr existiert.“ Und das gelingt. Die intime Atmosphäre und seine in der Performance deutlich spürbare Hingabe für das Jahrhundertmusical von Lin-Manuel Miranda sorgen für Jubelrufe und eine vibrierende Stimmung im Studio, getragen von Euphorie und einem Hauch Wehmut.
Ein weiteres Highlight liefert Chiara Fuhrmann, die mit ihrer emotionsgeladenen Version von „Brenn“ zu berühren weiß. Mit „Land of Lola“ aus KINKY BOOTS beendet Oliver den ersten Teil der Show mit einem Knall und entlässt das Publikum nach stehenden Ovationen in die Pause.
Auch den zweiten Teil beginnen die Künstlerinnen mit einem Publikumsliebling und holen die große Pop-Show auf die kleine Studiobühne: Auf eine Mashup-Version von „Break Free“ und „Teenage Dream“, in den Szenen von François und Julia humorvoll mit denen von Lance und Julias Amme kombiniert werden, folgen „One More Try“ und „That’s the Way It Is“ aus dem Musical &JULIA. Letzteres als stimmgewaltiges Solo des Gastgebers, das wohl auch all jene Zuschauerinnen überzeugt, die die Version von Willemijn Verkaik noch im Ohr haben (dass dies einem musikalischen Ritterschlag gleicht, dürfte allen bewusst sein, die diese Fassung kennen). Oliver Edward, Chiara Fuhrmann und Art Brauer zeigen hier eine durchdachte, persönlichere Seite des Pop-Musicals:
„Es war mir wichtig, etwas Neues daraus zu machen. Etwas, das man so nicht konsumieren kann, wenn man ins Theater geht. Einfach ehrliches Entertainment.“
Das ist erfrischend, macht Spaß – und erweist sich als weitere Stärke dieses Konzertabends.
Nach dem nächsten Bühnenklassiker der Musicalgeschichte, „I Can’t Stand Still“ aus FOOTLOOSE, wechselt Oliver auf eine persönlichere, ernstere Ebene und präsentiert selbstgeschriebene Songs seiner EP 2 A.M., die er im März 2025 gemeinsam mit Bram Tahamata veröffentlichte. Hier zeigt er eine Seite, die das Publikum überraschen könnte, vermutet der Künstler selbst:
„Das ist auch ein bisschen mein Alltag. Tagsüber ist alles bunt und voller Glitzer: Wir zeigen eine Show, es gibt eine Boyband und diese großen Songs von Max Martin. Aber am Abend erfüllt mich dann eine Art Nostalgie, mit der ich mich connecte. Das beruhigt mich – und das wollte ich den Menschen zeigen.“
Das tut er nicht nur musikalisch, sondern auch durch das Teilen der Gedanken hinter den Songs: „Wenn man Musik selbst schreibt, ist jeder Ton und jedes Wort eine Entscheidung. Es war mir wichtig, die Mauern herunterzulassen und ganz ehrlich zu sein. Denn das Schreiben war für mich ein therapeutischer Prozess.“
Auf die Frage, ob ihn dieses Herunterlassen auf der Bühne herausgefordert habe, hat Oliver eine klare Antwort:
„Das ist mir leichtgefallen, weil die Atmosphäre im Raum sehr leicht war. Das war ein echter Safe Space, ich habe mich zu keinem Zeitpunkt unwohl gefühlt. Aus meiner Perspektive war es auch weniger ein Konzert als ein Shared Space, und ich hatte das Gefühl, dass man über den Menschlichkeitsaspekt sehr gut connecten konnte. Denn die Themen meiner Songs sind universell – egal, wie alt man ist, welches Geschlecht man hat oder wer man ist.“
Echt und authentisch spricht und singt Oliver von dem, was ihn bewegt, berührt und beschäftigt. Dass das ankommt, ist an diesem Abend nicht nur im Saal, sondern auch für ihn selbst deutlich spürbar:
„Das Publikum war bereit, den Entertainment-Aspekt abzulegen und in den menschlichen Austausch zu gehen. Das habe ich gespürt, und das war ein ganz anderes Level, auf dem man connecten konnte.“
Unser Fazit dieser ersten LOOM Session ist daher wenig überraschend: Oliver Edward begeistert mit einem abwechslungsreichen Programm, in dem jeder Baustein durchdacht ist und mit spürbarer Liebe zu einem harmonischen Ganzen zusammengesetzt wurde. Das Konzert profitiert von der intimen Atmosphäre, der starken Musik und einem durch und durch authentischen Gastgeber, der das Publikum auf Augenhöhe, souverän und mit viel Humor durch den Abend leitet – als hätte er nie etwas anderes getan. Wir finden: Davon braucht es unbedingt mehr in der Hansestadt! Denn gerade hier, wo eine pompöse Inszenierung die nächste jagt, tut es gut, daran erinnert zu werden, was gutes Musiktheater eigentlich ausmacht und zusammenhält: die Leidenschaft der Menschen, die dahinterstehen. Auch abseits ihrer großen Rollen.
Oliver selbst ist nach seinem Konzert vor allem erfüllt:
„Ich dachte lange, schöne Momente vergehen so schnell. Aber dieses Jahr habe ich gelernt, dass es nicht nur um den Moment geht, sondern vor allem um die Erinnerung daran. Und ich merke ganz stark, wie dieses Konzert noch in mir nachwirkt und nachwärmt. Dass es eben noch nicht vorbei ist, sondern ich es direkt in meinem Herzen mittrage. Und das ist wirklich ganz besonders für mich.“
5 von 6 Sternen: ★★★★★
Kritik: Laura Schumacher;
Fotos: Jasper Grossmann/ Alessandro Coccoccia




