13.05.2023 - Musiktheater Linz/ OÖ
BÄM! 10 Jahre Musicalensemble Linz
In der oberösterreichischen Landeshauptstadt blickt man anlässlich des 10-jährigen Bestehens des Linzer Landestheaters auf 49 Musical-Premieren zurück, davon 6 Uraufführungen und über 2 Millionen begeisterte Theaterbesucher. Das gibt Anlass, mit BÄM! 10 Jahre Musicalensemble Linz die letzten 10 Jahre der Musicalsparte inklusive Ensemble hochleben zu lassen. Die Konzeption der 12 Vorstellungen im Mai und Juni 2023 stammt von der künstlerischen und musikalischen Leitung der Musicalsparte am oberösterreichischen Landestheater, Matthias Davids (auch zuständig für Bühnenbild und Kostüme) und Tom Bitterlich. Texte und Dramaturgie der Jubiläumsveranstaltung stammen von Arne Beeker, welche durch die Inszenierung von Cecilia Ward und die Choreografie von Hannah Moana Paul vervollständigt werden.
Mit viel Begeisterung, Herzblut und Witz wird die Vorstellung von Daniela Dett, Christian Fröhlich, Hanna Kastner, Karsten Kenzel, Sanne Mieloo, Joel Parnis, Gernot Romic, Lukas Sandmann, Celina dos Santos und Bettina Schurek getragen. Zusätzlich zu dieser Besetzung werden für jede Vorstellung mindestens zwei ehemalige Ensemblemitglieder eingeladen. Am Premierenabend begeistern Lisa Antoni und Rob Pelzer das Publikum.
Die Vorstellungen werden musikalisch durch das Brucknerorchester Linz, dirigiert von Tom Bitterlich, und dem Chor des Landestheaters Linz begleitet. Orchester und Chor überzeugen bereits in der Vergangenheit durch ihre geschlossene Passion, Kraft und Konstanz. Dieser Premierenabend stellt hierbei keine Ausnahme dar. Umgarnend und vervollständigend tragen die MusikerInnen und Chormitglieder zu einem beeindruckenden Abend bei. Zusätzlich schaffen die eingesetzten Lichteffekte (Simon Wagner) szenisch passende Atmosphären.
Rob Pelzer präsentiert zusammen mit Joel Parnis die beschwingte Nummer "Verführerschule" aus In 80 Tagen um die Welt, welche von beiden mit viel Witz und charmantem Schauspiel verfeinert wird. Die, von Lisa Antoni gesungene Hitnummer "Gabriellas Song" aus Wie im Himmel wird durch die Platzierung der Chormitglieder auf den Parkettseiten eindrucksvoll intensiviert und sorgt für einen besonderen Gänsehautmoment an diesem Abend.
Exemplarisch für das hohe Niveau am Landestheater Linz sind vor allem die Auszüge aus Les Misérables und die Zugabe "Reprise Gute Fahrt" aus Titanic. Sie zeigen einmal mehr die einzelnen ausgezeichneten Qualitäten des Orchesters, Chors und des Ensembles am Landestheater Linz auf und kombinieren sie zu einer reibungslosen und eindrucksvollen Einheit.
Man darf gespannt auf das Programm der nächsten 10 Jahre am Linzer Landestheater sein, auf das sie den Esprit und die Innovation der letzten Jahre beibehalten. Wir freuen uns darauf!
Wer sich BÄM ansehen möchte, es stehen noch einige Vorstellungen bis 8. Juli auf dem Spielplan.
6 von 6 Sternern: ★★★★★★
Kritik: Sophia Kriwanek; Fotos: Reinhard Winkler
www.landestheater-linz.at/musiktheater
11.05.2023 - Komödie am Kai/ Wien
ALLE SIEBEN WELLEN
Was wurde aus Emmi Rothner und Leo Leike nach ihrem gescheiterten Happy End in „Gut gegen Nordwind“ von Daniel Glattauer?
Die beiden hatten sich im Internet kennengelernt und fanden jeweils den Menschen, der ihre Wünsche und Sehnsüchte zu erfüllen schien. Es war das Gefühl des gehalten und aufgefangen werden, wonach sie strebten, aber daran scheiterten.
Seit 11. Mai hat man nun die Gelegenheit die Fortsetzung ALLE SIEBEN WELLEN in der Komödie Kai zu erleben.
Ulrike Zemme‘s Bühnenfassung und unter der Regie von Sissy Boran und Andrea Eckstein entstand eine emotional feinfühlige Komödie, die traurig und leicht zugleich ist.
Anne Sophie Krenn und Anatol Rieger kämpfen erneut mit ihren Hoffnungen, Sehnsüchte und Enttäuschungen. Es sind gewaltige Gefühlswellen, die auf sie zukommen. „Die ersten sechs sind ausgewogen und bringen keine Überraschungen, aber Achtung vor der siebten Welle! Für sie gibt es kein vorher, nur ein jetzt und danach ist alles anders.“
Nach einer Schreibpause von einem Jahr haben beide immer noch Gefühle füreinander. Emmi lebt nach wie vor mit ihrem Ehemann Bernhard zusammen und Leo hat Pamela kennengelernt. Doch die Sehnsucht aufeinander entflammt erneut. Ihre Emails werden erneut zum Mittelpunkt ihres Lebens. Sie sind sich sofort wieder vertraut, aber zugleich immer noch fremd. Man will den anderen diesmal endlich persönlich kennenlernen, obwohl ein wenig Angst vor einer Enttäuschung noch da ist. Was ist, wenn der andere oder man selbst nicht den Erwartungen entspricht. Eine lange Zeit hat man sich ein Phantasiegerüst aufgebaut. Dieses könnte mit einem Schlag zusammenbrechen.
Doch aller Zweifel erhaben wagen sie den Schritt des persönlichen Kennenlernens.
Durch den anschließenden E-Mail-Verkehr erfährt man, wie die Treffen verlaufen sind. Dabei wird das Schreiben und Lesen von den Hauptdarstellern emotional vorgetragen. Großartig sarkastisch und eifersüchtig Anna Sophie Krenn.
Anatol Rieger berührt zutiefst mit seinen affektiven Ausbrüchen.
Die Intensivität derer beiden Spiel nimmt stetig zu. Man fühlt, man leidet mit ihnen. Die Gefühle, Gedanken und Reflexionen werden über die schnelle Mailkonversation lustig, witzig, ernst oder auch traurig und verzweifelt wieder gespiegelt.
Mit ALLE SIEBEN WELLEN hat der Autor ein sehr intimes, berührendes und zum Nachdenken anregendes Stück geschrieben, das nahtlos an den ersten Teil anschließt, mit gleich hoher Qualität verfasst und herausfordernd zu spielen, aber in jeder Hinsicht wunderbar in der Komödie am Kai auf die Bühne gebracht.
Bis 24. Juni, sowie 22. bis 26. August & 19. bis 23. September 2023
6 von 6 Sternern: ★★★★★★
Kritik: Michaela Springer; Fotos: Komödie am Kai
09.05.2023 - Freie Bühne Wieden/ Wien
ACHTSAM MORDEN
„Sei achtsam bei allem, was du tust! Nimm dir Zeit. Ob du Zeit mit deiner Familie verbringst, arbeitest oder mordest, sei stets achtsam.“
Work-Life-Balance erlebt derzeit einen großen Boom in unserer Gesellschaft. Überall werden Seminare und Weiterbildungsprogramme angeboten. Achtsamkeit ist das Schlagwort, mit dem man inneren Frieden erzielen soll. Dass man aber seine Karriere mit „Achtsamkeit“ auf kriminellem Weg fördern kann, zeigt Karsten Dusse in seinem Roman ACHTSAM MORDEN auf äußerst ironische Art.
Von seiner Frau zu einem Achtsamkeitsseminar bei Frau Dr. Breitner verdonnert, um seine Ehe ins Reine zu bringen, sich als guter Vater zu beweisen und die unausgeglichene Work-Life-Balance wieder herzustellen, lernt der Rechtsanwalt Björn Diemel dessen Grundzüge kennen und entdeckt.
Der Kurs trägt Früchte und Björn kann das Gelernte sogar in seinen Job integrieren, allerdings anders als gedacht. Denn als sein Mandant, ein brutaler und mehr als schuldiger Mafiaboss, beginnt, ihm ernstliche Probleme zu bereiten, bringt er ihn einfach um - und zwar nach allen Regeln der Achtsamkeit.
Nach dem großen Erfolg in Deutschland feierte das Stück ACHTSAM MORDEN von Karsten Dusse in der Bühnenbearbeitung von Bernd Schmidt seine Österreich-Premiere im Theater Wieden. Karsten Dusse, selbst Rechtsanwalt, hat mit viel schwarzem Humor seinen Berufsstand in den Mittelpunkt des Geschehens gestellt. 2018 erschien der Spiegel Bestseller im Heyne Verlag und Netflix hat eine Verfilmung in Form einer Serie für 2023 angekündigt.
Marcus Strahl als Björn Diemel ist genial, ein Mephisto im Schafspelz. Er wird vom schwer gehetzten Anwalt fürs Grobe, wie er sich selbst bezeichnet, zum tiefenentspannten Mörder.
Sein Achtsamkeitscoach Michaela Ehrenstein ist mit so mancher Extraeinlage ein Highlight des Abends, vor allem bei ihrer Buchpräsentation.
Robert Kolar und Eva Christina Binder schlüpften in die verschiedensten Rollen, mit jeweils eigenen, unverkennbaren Charakterzügen.
Unter der Regie von Nici Neiss ist eine kurzweilige, äußerst unterhaltsame Inszenierung des Bestsellers gelungen. Die immer wieder aus dem Stück aussteigenden Sequenzen von Marcus Strahl, in denen er mit dem Publikum spricht, die rasanten Szenen und der schwarze Humor machen ACHTSAM MORDEN erfrischend anders.
Für alle die entschleunigen und achtsam morden wollen, sollten zu Doktor Breitner in die Freie Bühne Wieden kommen.
Vorstellungen bis 27. Mai, 19.30 (außer So/Mo)
6 von 6 Sternern: ★★★★★★
Kritik: Michaela Springer; Fotos: Robert Peres
07.05.2023 - Komödie am Kai/ Wien
LOVE LETTERS
Heutzutage wäre es eine Cyberliebe, aber wir befinden sich im Jahre 1937, wo es nur die Möglichkeit des Briefschreibens gab, was eine große Herausforderung war. Nicht nur, dass man tagelang auf die Antwort warten musste, war auch Kreativität beim Verheimlichen des Empfängers gefragt. Aber bei so einer großen Zuneigung, wie sie Melissa und Andy füreinander empfinden, ist keine Hürde unüberwindbar.
Es ist eine außergewöhnliche Liebesgeschichte über vier Dekaden mit all ihren Höhen und Tiefen in vorwiegend schriftlicher Form. Sie begegnen sich nur ein paar Mal persönlich, vor allem zu Beginn ihrer gemeinsamen Schulzeit, aber sie sind wie die zwei Königskinder, die sich lieben und dennoch nie zueinander finden. Andy bezeichnet Melissa seit ihrer ersten Begegnung in der zweiten Klasse trefflich als „verlorene Prinzessin von Oz“. Sie hingegen sieht ihn als „Sklaven seiner Eltern“, der stets nach deren Wünschen agiert. Es sind zwei Charaktere, die trotz ähnlicher Voraussetzungen, nicht unterschiedlicher sein könnten. Sie können nicht ohne, aber auch nicht miteinander.
Daniela Ziegler ist Melissa, aus reichem, aber unglücklichem Elternhaus. Ihr Seelenzustand spiegelt sich in ihren oft kurzgehaltenen, manchmal sogar einsilbigen Briefen. Mal sind sie lieblich, dann wieder verbittert und ironisch. Melissa ist impulsiv, rebellisch und ein Freigeist, losgelöst von allen Zwängen. Wie bei ihrer Mutter wird der Alkohol ihr Seelentröster, in dem sie Ihre Probleme und Sorgen vergessen kann. Im Gegensatz zu Andy hasst sie Briefe zu schreiben.
Für Andy (Franz Robert Wagner) ist Briefe schreiben jedoch eine Leidenschaft. Nur in diesen Momenten fühlt er sich wahrhaftig lebendig. Er ist ruhig, sorgfältig und plant genau seinen Werdegang. Seine Entscheidungen trifft er mit großer Sorgfalt.
Obwohl ihre Leben gänzlich unterschiedlich verlaufen, bleiben sie stets in Kontakt, egal, ob es Melissa als Künstlerin nach Florenz, Frankreich oder New York verschlägt und Andy Senator und somit Hoffnugsträger vieler wird. Ihre kurzen Begegnungen hingegen sind, bis auf wenige Ausnahmen, eher enttäuschend.
Als es den Anschein eines möglichen Happy Ends hat, wird dieses durch äußere Umstände wieder unmöglich. So bleibt es eine Liebe auf Papier, bis über ihrem Tod hinaus. Erst in seinem letzten Brief an ihre Mutter, gesteht er sich seine wahren Gefühle ein.
Diese so emotionale Liebe auf Papier entdecken die beiden Schauspieler mit so viel Leidenschaft immer wieder neu. Das Stück berührt, ist mal heiter und leicht, dann wieder traurig oder zynisch. Daniela Ziegler und Franz Robert Wagner fesseln das Publikum emotional mit Ausdruck und Mimik und berühren zutiefst in dieser szenischen Lesung, die so traurig aber herzergreifend schön ist.
6 von 6 Sternen: ★★★★★★
Kritik & Fotos: Michaela Springer
27.04.2023 - Haus Hofmannsthal/ Wien
In memoriam Gerhard Bronner
UI JESSAS NUR NET SCHLAG´N
„Je ernster eine bittere Wahrheit war, die ich dem Publikum näherbringen wollte, desto überzeugender habe ich sie in Humor verpackt“.
„Man verließ das Kabarett in guter Laune, die Wirkung stellte sich später ein.“ (Gerhard Bronner)
René Rumpold und Johannes Terne widmen sich in ihrem neuen Programm UI JESSAS NUR NET SCHLAG´N dem Tausendsassa mit Anekdoten, Witzen, Liedern von Gerhard Bronner und welche, die er mochte.
Gerhard Bronner, Kabarettist, Komponist, Musiker und Autor schrieb unzählige Lieder mit Themen aus dem realen Alltag oder Politgeschehen. Er ist eine Legende des österreichischen Kabaretts, welches er maßgeblich mitgeprägt hat.
Als 16-Jähriger flüchtete er allein nach Palästina und hielt sich mit Gelegenheitsarbeiten am Leben. Erst 1948 kehrte er nach Wien zurück. Er war der einzige Überlebende seiner Familie mit jüdischen Wurzeln.
1969 schuf er eine Wiener Fassung von „My Fair Lady“ und bearbeitete das Musical „Cabaret“. Legendär seine Travnicek- Dialoge mit Helmut Qualtinger. Unvergessliche Lieder sind unter anderem „Der Papa wird´s schon richten“ oder „Der g'schupfte Ferdl“. Mit dem „Namenlosen Ensemble“ brachte er ab 1956 verschiedene Kabarettprogramme auf die Bühne, entdeckte junge Talente und wirkte im Radiokabarett „Der Guglhupf“ mit.
Als Deutscher war es für Johannes Terne durchaus eine Herausforderung, Wienerlieder im dazugehörigen Dialekt zu interpretieren. Er löste die auf seine charmante und liebenswürdige Art. Beim Marschlied „Ein Freund, ein guter Freund“ („Die Drei von der Tankstelle“, Musik: Werner Richard Heymann, Text: Robert Gilbert) wurden Gedanken an den unvergessenen Heinz Rühmann wach. Rene Rumpold, der Gerhard Bronner persönlich gut kannte und mit ihm auch arbeitete, sang als Höhepunkt des Abends das für ihn geschriebene Lied „Sie liebt mich, sie liebt mich nicht“.
UI JESSAS NUR NET SCHLAG´N bietet jede Menge Abwechslung und Emotionen, welche Rene Rumpold und Johannes Terne auch hervorragend transportieren konnten.
Mit musikalischer Unterstützung von Markus Vorzellner am Klavier erfuhr das Publikum einen kurzweiligen, heiteren Abend, der erst nach mehreren Zugaben ein Ende fand.
6 von 6 Sternen: ★★★★★★
Kritik & Fotos: Wolfgang Springer
23.04.2023 - Das Vindobona/ Wien
Das gibt´s nur einmal
Legenden des Tonfilms
Es gibt Künstler:innen, die einfach unsterblich sind. Sie sind Legenden, deren Namen noch lange nach ihrem Tod nachfolgenden Generationen ein Begriff sind.
Oft sind Künstler:in und Song fest verbunden, obwohl diese für sie nicht geschrieben wurden, doch die machten sie zu Welterfolgen. Dabei war das Leben dieser Tonfilmlegenden oft nicht leicht. So stellte sie zum Beispiel der Krieg vor die Wahl für oder gegen den Nationalsozialismus zu sein. Während Marlene Dietrich Deutschland den Rücken kehrte, avancierte Zarah Leander hier zu Lande zum Star.
Susanne Marik widmet ihr Programm DAS GAB´S NUR EINMAL diesen Legenden des Tonfilms. Es ist nur eine kleine Auswahl, wobei sie einen zweiten Teil bereits ankündigte.
Bereits der Titel ist ein unsterblicher Song aus dem Film „Der Kongress tanzt“ aus dem Jahre 1931, interpretiert von Lilian Harvey.
Liebevoll, mit vielen kleinen Anekdoten, hat Susanne Marik das Programm zusammengestellt und wusste so manch amüsantes oder auch tragisches zu berichten. Immer wieder umrahmt mit sorgfältig ausgewählten Liedern.
Special Guest war Michael Fischer als Fred Astaire mit zwei Stepptanznummern.
DAS GAB´S NUR EINMAL ist eine Hommage, unter anderem an Marlene Dietrich, Hildegard Knef, Zarah Leander, Grace Kelly, Marilyn Monroe, Heinz Rühmann, Hans Moser und Charlie Chaplin.
Bela Fischer (und Band) begleitete seine Frau zu „Fesche Lola“, „Ich küsse ihre Hand Madame“, „Davon geht die Welt nicht unter“, „True Love“ oder „Smile“.
Es war eine nostalgische Reise in längst vergangene Zeiten mit unvergesslichen Melodien.
4 von 6 Sternen: ★★★★
Kritik & Fotos: Michaela Springer
21.04.2023 - Schönbrunner Stöckl/ Wien
FLOTTER 3-ER MAGIC mit Tony Rei
In der neuen Dinner Show im Schönbrunner Stöckl wird nicht nur der Gaumen verzaubert. Der „Flotte 3-er magic“ mit dem mehrfachen Weltmeister der Magie Toni Rei verspricht einen magischen Abend. Dazu gibt es ein 4-gängiges Menü mit seinen Lieblingsspeisen.
Das Programm ist in vier Blöcke geteilt, die unterschiedlich gestaltet sind.
Constantin Schenk weist das Publikum fachkundig in die Materie Magie mit historischen Fakten ein und erzählt in Schenk-Manier Witze zur Auflockerung. Bei ihm trifft das Sprichwort, der Apfel fällt nicht weit vom Stamm, hundertprozentig zu. Gestik, Mimik, Betonung, der langsame Spannungsaufbau und vor allem der speziell trockene Humor erinnert stark an seinen Vater Otto.
Tamara Trojani begeistert das Publikum mit ihrer vielseitigen Stimme, welche besonders bei den klassischen Nummern zum Tragen kommt.
Im zweiten Block erzählt Tony Rei Anekdoten aus seinem Leben, in dem er oft das Glück hatte zum richtigen Zeitpunkt am passenden Ort zu sein und so seine Karriere vorantreiben konnte.
Es folgt der magische Teil mit tatkräftiger Unterstützung des Publikums, wobei sich dieser in Summer etwas langatmig entwickelt.
Der letzte Akt wird wieder von den Künstlerwirtsleut´, wie sie sich selbst nennen, gestaltet. Besonders zu erwähnen sind die kreativen Kostüme, die stets auf die Szenen abgestimmt sind.
Mit dem neuen Programm wird das Publikum kulinarisch, akustisch und visuell verzaubert. Trotz der Durchhänger bei der Zaubershow bietet der „Flotte 3-er magic! mit Tony Rei kurzweilige und spaßige Unterhaltung, vor allem für Freunde der Magie.
4 von 6 Sternern: ★★★★
Kritik: Michaela Springer; Fotos: Wolfgang Springer
20.04.2023 - Metropol/ Wien
The Rocky Horror Show In Concert
THE ROCKY HORROR SHOW IN CONCERT im Wiener Metropol erzählt die Geschichte rund um eine österreichische Reisegruppe, welche während einer Rast, beim Anstimmen des Songs "Science Fiction - Double Feature", auf ihre gemeinsame Begeisterung für The Rocky Horror Show aufmerksam wird.
Die Liedtexte werden mit viel Elan auf Englisch gesungen, die Zwischentexte sind meist in deutscher Sprache gehalten. Der Handlungsstrang des Musicals wird durch die Reiseteilnehmer vorwiegend flüssig wiedergegeben, vereinzelte Szenen werden zu hektisch und unübersichtlich dargestellt.
Die Story:
Der lebhafte Reiseleiter (Titus Hollweg) lässt die Geschichte rund um den schüchternen Brad Majors (Raphael Nicholas) und die überdrehte Janet Weiss (Sandra Pires) Revue passieren, die während eines Unwetters in einem Schloss unterkommen. Dort treffen die Verlobten auf den exzentrischen Schlossbesitzer und Wissenschaftler Dr. Frank N. Furter (Pogo Kreiner), der sie in seine Welt der Lust und des Transvestitismus entführt. Während ihres Aufenthalts im Schloss werden die eigenen sexuellen Begierden neu entdeckt und das Paar wird in die Machenschaften von Dr. Frank N. Furter verwickelt, welcher einen künstlichen Mann namens Rocky (Aeneas Hollweg) erschaffen hat, den er als perfekten Liebhaber betrachtet.
Spielfreudig und stimmlich passend wurden auch die weiteren Rollen besetzt. Die gesangliche Darbietung der Darsteller:innen wurde von einer beschwingten Band tatkräftig unterstützt.
Wie bei diesem Musical üblich, wird auch das Publikum im Wiener Metropol dazu aufgefordert, interaktiv an der Vorstellung teilzunehmen, indem sie beispielsweise die Darsteller:innen mit Konfetti bewerfen, oder bestimmte Schlagwörter mit Gegenrufen beantworten. Das Publikum lässt sich größtenteils darauf ein. Zusätzlich wird durch die teilweise bespielten Zwischengänge des Theaters eine nahbare Atmosphäre zwischen Bühnengeschehen und Zuschauerplätzen erschaffen.
Abgesehen von einigen Problemen bei Licht und Ton, bietet THE ROCKY HORROR SHOW IN CONCERT einen unbeschwerten und runden Theaterabend, welcher dennoch bei der schauspielerischen und stimmlichen Umsetzung Luft nach oben lässt.
4 von 6 Sternen: ★★★★
Kritik: Sophia Kriwanek; Fotos: Katharina Lochmann
19.04.2023 - Bronski & Grünberg/ Wien
Jakob Semotan
THOMAS WARTET auf Tom Waits
Im Bronski & Grünberg wird auf einen schrägen Vogel gewartet und das auf die Wiener Art - mit viel Charme, Humor und tiefgründigen Ausschweifungen über nächtliche Exzesse. THOMAS WARTET AUF TOM WAITS ist ein herrliches Wortspiel des Konzertabends auf Wienerisch und klingt im ersten Moment zu gut, um es nicht als Aushängeschild zu benutzen. Auch das Datum dieser Premiere scheint nicht zufällig gewählt: Am 19. April 1978 wurde aus einem geplanten Interview mit Musiklegende Tom Waits, ein Video mit Kultstatus- eine Mischung aus Geschichten, Lieder und Anekdoten.
Doch wer ist Tom Waits? Außerdem, was verbindet ihn mit Wien?
Hunderte Künstler haben Kompositionen von Waits bereits interpretiert, zu diesen zählen unter anderem Bon Jovi, Coldplay, Ed Sheeran, Johnny Cash und die Red Hot Chili Peppers. Waits agierte als Songschreiber für Künstler wie Rod Stewart oder Bruce Springsteen, wobei diese Songs teilweise einen höheren Bekanntheitsgrad erlangt haben als seine eigenen Songs. Zusätzlich komponiert Tom Waits auch Filmmusik, welche 1983 sogar für einen Oscar nominiert wurde. Als Schauspieler versucht er sich erfolgreich in größeren oder kleineren Rollen, wie in „Einer mit Herz“, „Bram Stoker's Dracula“ oder „Das Kabinett des Doktor Parnassus“.
Der Kalifornier verkörpert sich als Kunstfigur, die kehlig raue Stimme, die zerzausten Haare und die verknitterte Kleidung sind Teil seiner öffentlichen Repräsentation. Als Sänger, Pianist, Komponist und Schauspieler gilt er bis heute als exzentrisches Allroundtalent mit dem gewissen Etwas. Über die Privatperson Tom Waits ist nur wenig bekannt, Interviews sind selten und meist nur wenig ergiebig, da Tatsache und Fiktion häufig von ihm vermischt werden. Eines seiner seltenen Interviews war 1978 in Wien geplant, nachdem Tom Waits und seine Band für eine Tournee nach Europa flogen. Pläne wurden kurzfristig von dem Sänger geändert und ein kurzer legendärer Dokumentarfilm entstand, welcher von Rudi Dolezal und Hannes Rossacher gedreht wurde.
Im Bronski & Grünberg wird eine ganz eigene Interpretation (Inszenierung & Bühne: Julia Edtmeier) der Tom Waits Lieder angegangen. Ein Konzert von Thomas (Jakob Semotan) und seiner Band gibt Anlass auf Tom Waits zu warten, bis jener wieder nach Wien zurückkehrt.
Die Band, bestehend aus Klavier (Christian Frank; auch musikalische Leitung), Gitarre (Felix Reischl), Bass (Daniel Schober) und Schlagwerk (Lukas Wögerer) sind groovig und interpretieren die Einflüsse aus Blues, Jazz und Folk ausgezeichnet. Die Bandmitglieder halten sich unaufdringlich und zurückhaltend im Agieren, aber sie brillieren auf allen musikalischen Ebenen.
Das bietet Jakob Semotan Platz zur künstlerischen Entfaltung und zum Strawanzen. Kennt man sein Schauspiel und seine gesanglichen Kapazitäten, so scheint eine Interpretation der Lieder von Tom Waits im Wiener Dialekt wie für Jakob Semotan geschaffen. Er verkörpert einen verruchten, wilden und vor allem sentimentalen Sänger, eine grandiose Mischung in Kombination mit seiner sichtlichen Freude an Schauspiel und Gesang.
Angefangen beim tiefgründigen Start an der Theaterbar, über Konfettieinlagen auf der Bühne, bis hin zu den weniger schmeichelhaften Ausführungen ,,unseres versandelten Wiens“ und dessen Schnellbahnen – ein Abend der besonderen Art. A Hetz hamma g'habt!
6 von 6 Sternen: ★★★★★★
Kritik: Sophia Kriwanek; Fotos: Philine Hofmann
15.04.2023 - Dschungel/ Wien
SALOME
Unter der Regie von Sebastian Kranner entstand eine zeitgemäße moderne Inszenierung des Einakters von Oscar Wilde aus dem Jahre 1896. Das Stück wurde bei der Welturaufführung wegen seines brisanten Themas zensuriert und diente Jahre später als Vorlage für die berühmte Richard Strauss Oper, die 1905 an der Semperoper in Dresden Premiere feierte.
Sebastian Kranner setzt die Figuren in das Ende des letzten Jahrtausends mit VHS Kasetten und Röhrenfernseher, Requisiten einer beklemmenden Inszenierung, die heftig ist. Der Theaterraum als Blackbox in kaltes Licht getaucht, bildet den passenden Rahmen, was die bedrückende Atmosphäre zusätzlich verstärkt. Live-Kamera-Aufzeichnungen und -Einspielungen auf einer riesigen Leinwand zeigen die Emotionen in Großaufnahmen.
Es ist die Geschichte der heranwachsenden Salome. Sie entwickelt sich vom Opfer zum Täter. Was sie begehrt, ihr aber verwehrt ist, soll dem Tod geweiht sein. Ihre Rache ist kalt und berechnend. Sie weicht keinen Schritt zurück. Zielstrebig verfolgt sie ihren klar definierten Plan.
Sie widersetzt sich ihren Eltern, beginnt mit Selbstreflexion über ihre Erziehung und Weiterentwicklung, wird vom Angebeteten Propheten zurückgewiesen und muss die sexuellen Übergriffe ihres Onkels erdulden, bis sie sich diese für ihr Vorhaben zunutze macht.
Die Nachwuchsdarsteller:innen zeigen viel Engagement. Besonders Colin Johner als im Lichtkreis gefangener Prophet Johanaan und Lustobjekt Salomes beeindruckt in seinem Spiel. Lea Witeschnik als Salome gelingt mühelos der Übergang vom Opfer zur kaltschnäuzigen Täterin. Rebecca Richter als teilweise desinteressierte Mutter Herodias und Filipp Peraus als perverser Onkel und König Herodes agieren irrational in einer surrealen Wirklichkeit. Filipp Peraus arbeitet die zwiegespaltene Persönlichkeit des frommen Mannes, der an die Vorhersehung des Propheten glaubt und den perversen Lüstling gut heraus. Hannah Rehrl ist Pagin und Beschützerin von Salome und schwebt omnipräsent, wie ein Geist, über der Geschichte.
SALOME ist eine bedrückende Geschichte, die von Sebastian Kranner mit wenigen optischen Mitteln aber mit umso mehr Kreativität und einem freudvollen Nachwuchsensemble ansprechend umgesetzt wurde. Und auch wenn noch nicht alles schlüssig erscheint und den Darsteller:innen hin und wieder die Selbstverständlichkeit und Natürlichkeit im Spiel abhanden kommt, sind hier Talente zugange, welche sich nicht zu verstecken brauchen.
4 von 6 Sternen: ★★★★
Kritik & Foto: Wolfgang Springer
14.04.2023 - Das Vindobona/ Wien
LIZZI UND ELISABETH
Ein Soloabend für Zwei
Hinter Lizzi und Elisabeth steckt Elisabeth Engstler, in deren Brust zwei Herzen schlagen. Da ist Lizzi, die sich Anfang der 1980er Jahre in die Herzen des Publikums sang. 1982 trat sie mit Michael Scheickl als Duo „Mess“ beim Eurovision Song Contest an und erreichte den 9. Platz mit „Sonntag“.
Und dann gibt es Elisabeth. Sie war 1995 im ORF Gastgeberin bei Willkommen Österreich und stand von 2017-2019 im Musical „I am from Austria“ in einer Hauptrolle auf der Musicalbühne.
So gestaltete sich der Soloabend bunt und unterhaltsam. Es wurde aus dem Nähkästchen geplaudert, selbstgeschriebene Songs vorgetragen oder welche, die sorgfältig ausgesucht wurden. Begleitet wurde Elisabeth Engstler von ihrer Männerband, mit der sie schon seit vielen Jahren freundschaftlich und musikalisch eng verbunden ist.
Natürlich durfte ein Song Contest Block nicht fehlen, inclusive „Rise like a Phoenix“.
„Yes Sir“, „Nur nicht aus Liebe weinen“ und „Waldemar“ waren ein Tribut an die von ihr verehrten Zarah Leander.
Elisabeth Engstler vermochte das Publikum mit Charme und ihrer positiven Ausstrahlung zum Mitsingen zu animieren. Obwohl das Programm im kleinen Rahmen stattfand, war die Stimmung ausgelassen und beschwingt. Man spürte ihre Authentizität.
Ohne Berührungsängste und Starallüren gestaltetes sie für ihre Fans einen herzlichen Abend.
5 von 6 Sternen: ★★★★★
Kritik: Michaela Springer; Fotos: Wolfgang Springer
12.04.2023 - Neu Marx/ Wien
Cirque du Soleil - LUZIA
Ein Traum von Mexiko
Mit LUZIA nimmt der „Cirque du Soleil“ das Publikum mit auf eine atemberaubende Reise durch das surreale Mexiko in seiner Vielfalt und Gegensätzlichkeit. Es ist ein anmutiger Streifzug durch Kultur, Natur und Mythologie der Vergangenheit und Gegenwart.
Man begleitet den abgestürzten Reisenden auf aneinander folgenden Episoden, wie in einem alten Filmset, in die Wüste, in eine unbekannte Unterwasserwelt, in den Dschungel oder in einen Tanzsaal. Zentrales Hauptelement ist immer wieder Wasser. Mittels Wasserbecken und Regenvorhang entstehen beeindruckende Illusionen, kombiniert mit imposanter Akkrobatik.
Mit Mexiko unmittelbar verbunden sind kräftige Farben, die sich auch in der Show widerspiegeln. So hat jede Szene seine eigene Farbe. Aber auch Tiere spielen eine wichtige Rolle, vor allem in der Mythologie. Die Gruppe von Reifenspringer:innen kommen als farbenfrohe Kolibris oder als Schmetterling im Gleichklang mit einem Metallpferd auf einem Laufband daher. In einer lyrischen Nummer gewinnt ein Artist das Vertrauen eines Jaguars in Lebensgröße. Es ist eine anmutige, schöne und berührende Nummer.
Ein Schlangenmensch bringt die Menschen zum Staunen. Akrobatinnen und Akrobaten werden mithilfe russischer Schaukeln bis zu 10 Meter in die Höhe geschleudert werden und ein Handstand auf einer 6 m Konstruktion aus flexiblen Stangen begeistern das Publikum.
Immer wieder werden die einzelnen Nummern durch Gesang begleitet, die das Lebensgefühl der Mexikaner:innen zum Ausdruck bringt. Die Nummern sind lebendig und temperamentvoll, aber auch schwermütig und melancholisch, eine Mischung aus Moderne und Nostalgie.
Cirque du Solei definiert das Genre Zirkus seit Jahren neu. Es gibt einen roten Faden, wo die Akrobatiknummern die Geschichte erzählen. Man erlebt ein imposantes Gesamtpaket aus Musik, Artistik und projizierten Illusionen. So taucht man für 100 Minuten in eine surreale Traumwelt ein.
IT´S A KIND OF MAGIC
6 von 6 Sternen: ★★★★★★
Kritik: Michaela Springer; Fotos: Wolfgang Springer
11.04.2023 - Volksoper/ Wien
CABARET
In der Spielzeit 2022/23 entführt die Volksoper Wien das Publikum mit CABARET erneut in die Berliner 1930er Jahre. Das Musical ist noch bis Mitte Mai 2023 an der Volksoper zu sehen und wird vorwiegend in deutscher Sprache aufgeführt.
Berlin in den 1930er Jahren ist von zunehmender Arbeitslosigkeit, der Weltwirtschaftskrise und der Propagandahetze aufstrebender Nationalsozialisten geprägt. Dennoch werden allgegenwärtige Ängste und Entsetzen nur zu gerne verdrängt; es sind goldene Zeiten für Cabaret, Musik und Theater. Der amerikanische Schriftsteller Cliff Bradshaw hofft, in der deutschen Hauptstadt die fehlende Inspiration für einen neuen Roman zu finden. Durch seine deutsche Reisebekanntschaft Ernst Ludwig findet er ein Zimmer in der billigen Pension von Fräulein Schneider. Ernst Ludwig nimmt Cliff gleich am ersten Abend mit zum legendären Kit Kat Club, einem Animierlokal mit Cabaret Programm. Dort trifft Cliff auf die attraktive Sängerin Sally Bowles. Als Sally wenig später aus dem Kit Kat Club entlassen wird, findet sie Zuflucht in Cliffs Pensionszimmer. So beginnt eine komplexe Beziehung zwischen den beiden. Ein weiterer Pensionsbewohner, der jüdische Obsthändler Herr Schultz, wirbt parallel erfolgreich um die Hand von Fräulein Schneider. Doch mit der Zeit wird die Lage der jüdischen Bevölkerung in Berlin immer prekärer und die Verlobung wird wieder aufgelöst. Auch Cliff bemerkt die immer unruhigere Situation in Berlin und möchte zurück in seine Heimat Amerika reisen. Er versucht Sally, die mittlerweile ein Kind von ihm erwartet, von dieser Reise zu überzeugen. Doch Sally ist weiterhin von ihrer Chance auf eine große Karriere in Berlin überzeugt. Schließlich verlässt Cliff Deutschland ohne Sally und beginnt noch während der Reise an seinem neuen Roman zu schreiben.
Die Inszenierung unter der Regie von Gil Mehmert ermöglicht einen schnellen Szenenwechsel zwischen dem kultigen Kit Kat Club und einer einfachen Pension mithilfe einer praktischen Drehbühne (Bühnenbild: Heike Meixner), ohne dabei das Publikum zu verwirren. Die Inszenierung ist geprägt von animalischen Personifikationen vorherrschender politischer Prägungen und gefühlsintensiven Dialogen. Während der zweite Akt eindrucksvoll eine bedrückende und zugleich energiegeladene Stimmung projiziert, führt die erste Hälfte das Publikum näher an die zwischenmenschlichen Beziehungen und persönlichen Konflikte heran. Die Kostüme (Falk Bauer) sind extravagant und freizügig dem Kit Kat Club angepasst, während sie bei alltäglichen szenischen Darstellungen bescheiden bleiben.
Jazzige Shownummern, altbekannte Balladen und emotionsgeladene Duette (Musik: John Kander) werden von durchdachten Liedtexten (Fred Ebb; deutsche Übersetzung von Robert Gilbert) untermalt. Das Orchester (musikalische Leitung: Tobias Wögerer) schafft es gekonnt, diese Dynamik zu übertragen.
In der Rolle der Sally Bowles geht Bettina Mönch voll und ganz auf. Sie hat die energetische Sängerin bereits in der aktuellen Spielzeit am Theater Dortmund verkörpert. Diese Rollenerfahrung ist deutlich erkennbar, ihr Schauspiel zeugt von Experimentierfreude in Mimik, Gestik und Gefühl. Zusammen mit ihren beeindruckenden stimmlichen Fähigkeiten überzeugt sie als instabile Persönlichkeit, unentschlossene Geliebte und aufgedrehtes Showgirl im Kit Kat Club.
Als Conférencier begeistert Ruth Brauer-Kvam sowohl mit klarem und hellem Mezzosopran als auch mit einer bemerkenswert ausgeglichenen Balance zwischen Zurückhaltung und Nachdruck. Das ermöglicht dem Publikum eine angenehme Leitung durch das Musical und rundet Szenen passend mit Ausdruckskraft, Komik und Zynismus ab.
Oliver Liebl spiegelt als Cliff Bradshaw sowohl Sehnsucht als auch Verzweiflung oder Unverständnis eindrucksstark wider. Besonders hervorzuheben sind die Dialoge an Wendepunkten der Beziehung zwischen Cliff und Sally, die erstaunlich nahbar und gefühlsgeladen auf das Publikum übertragen werden.
Robert Meyer versieht die Rolle des Herrn Schultz mit einer charmanten Verliebtheit, deren angehimmelten Mittelpunkt ausnahmslos Fräulein Schneider bildet. Diese wird durch Angelika Kirchschlager überzeugend dargestellt und bildet zusammen mit Robert Meyer ein unbeholfenes und gleichzeitig liebenswertes Paar.
Die weiteren Rollen sind stimmstark besetzt und vervollständigen mit gutem Schauspiel den flüssigen Handlungsstrang. Die Kit Kat Boys und Kit Kat Girls räkeln sich erwartungsgemäß aufreizend zu den Choreografien (Melissa King) im Club, während sie als kompromisslose Nationalsozialisten mit geschlossener Bühnenpräsenz auftreten.
Die Inszenierung von CABARET an der Volksoper Wien bietet einen Abend mit gefühlvoller Musik und taktvollem Schauspiel. Dabei wird sowohl das direkte als auch das indirekte Ausmaß des Nationalsozialismus deutlich gemacht, so dass neben den populären Strophenzeilen und ausgeschmückten Satire-Inszenierungen auch ein eindrücklicher Nachhall der damaligen politischen Situation bleibt.
5 von 6 Sternen: ★★★★★
Kritik: Sophia Kriwanek; Fotos: Barbara Pálffy/Volksoper Wien
31.03.2023 - Raimund Theater/ Wien
Jesus Christ Superstar
Premiere
JESUS CHRIST SUPERSTAR erzählt die Geschichte des biblischen Jesus und fokussiert sich auf die letzten sieben Tage vor seiner Kreuzigung. Es handelt sich um eine Rock-Oper mit Musik von Andrew Lloyd Webber und Liedtexte verfasst von Tim Rice, ohne gesprochene Dialoge. Das Musical basiert lose auf den Evangelien und behandelt die persönlichen Konflikte zwischen Jesus, seinen Jüngern, dem Volk Israel und der römischen Führung. Es stehen hierbei die Beziehungen zwischen Judas Iskariot und Jesus, sowie zwischen Jesus und Maria Magdalena im Fokus. Neben dem inneren Kampf von Judas bei der Entscheidung, Jesus zu verraten, geht die Rock-Oper auch auf die menschliche Psychologie von Jesus ein, welcher nach unterschiedlichen Stadien seiner Gefühle schließlich seine Rolle als Autorität und Märtyrer akzeptiert.
Die in englischer Sprache gesungene, konzertante Fassung der Vereinigten Bühnen Wien ist 2023 für zehn Tage zu sehen. Die zeitgemäß moderne Inszenierung (Regie Alex Balga) lässt über ein handlungsintegriertes Film-Team mittels Videoprojektionen (Videodesign Sam Madwar) auf dem Backdrop, eine Parallele der Bibelgeschichte in das jetzige Zeitalter, rund um öffentliche Zurschaustellung, zu. Das schlichte Bühnenbild ist durch ein T-förmiges weißes Podest gesetzt, welches viel Spielfläche bietet. Neben dem Bühnenbild stellen sich auch die simplen alltagstauglichen Kostüme (Nicole Panagl) des Ensembles bewusst in den Hintergrund, scheinbar um den Fokus nicht auf die physische Präsenz, sondern mehr auf die gesungenen Personifizierungen zu leiten. Bei dem Kostümbild der Hauptrollen wird mit der altbekannten Assoziation von Gut durch helle Farben und der Darstellung des Bösen durch dunklere Farbtöne gearbeitet. Nichtsdestotrotz werden bewusst passende Details bei der Kostümwahl gesetzt, welche die unterschiedlichen Charaktere unterschwellig umrahmen.
Besonders hervorzuheben ist das, auf der Bühne platzierte, 43-köpfige Orchester unter der Leitung von Herbert Pichler, welcher neben dem Dirigat auch in Handlungsinteraktionen eingebaut wird. Das Repertoire des Musicals aus Rock-, Gospel-, Folk- und Funk-Aspekten ist eine perfekte Möglichkeit alle musikalischen Register zu ziehen, was bei der Premiere definitiv gelungen ist. Das Orchester präsentiert sich als eine tongewaltige, geschlossene Einheit hinter den SchauspielerInnen, was vom Publikum mit langem Applaus belohnt wurde.
Drew Sarich verkörpert Jesus in einer schier unglaublichen Anzahl an Facetten. Bei seiner Verkörperung Jesu fühlt man sich mit- und hingerissen vom anfänglichen überschwelligen Lobpreisen seiner Person, bis zur scheinbar einsamen Kreuzigung. Es sind viele stimmliche Highlights zu nennen, der minutenlange Showstopper mit Standing Ovation bei seinem Paradesong „Gethsemane“ ist aber dennoch (abseits von seiner Jesus-Interpretation) keine alltägliche Beobachtung in der Wiener Theaterszene.
Alex Melcher brilliert als stimmgewaltiger Judas, welcher besonders in Szenen der Wut und Verzweiflung mit ausgezeichnetem Schauspiel nahbar wirkt. Seine Stimmkraft schafft es, auch bei leichteren Nummern herauszustechen.
Nienke Latten überzeugt als einfühlsame und ausdrucksstarke Maria Magdalena, was besonders bei Solo-Szenen fesselt. Ihre Gefühle der Trauer und des Verlusts nach der Kreuzigung Jesus Christus haben beim Publikum eine greifbar erdrückende Atmosphäre erschaffen, was das ein oder andere Taschentuch hervorblitzen ließ. Ihr klarer und kontrollierter Sopran rundet auch mühelos Nummern wie ,,Could we start again, please?“ oder ,,Everything´s alright“ ab.
James Park beeindruckt mit einem zunächst arrogantem Pontius Pilatus, welcher auf Jesus Christus hinabsieht. Kurz vor der Kreuzigung Jesus werden diese Rollen vertauscht und der, von Selbstzweifel geplagte, Judas kniet vor Jesus nieder und realisiert seinen Fehler.
Dennis Kozeluh dominiert stimmlich als Kaiphas, welchen er mit einer unnahbaren und kalten Aura versieht. Raphael Gross gibt einen stets authentischen und stimmlich prägnanten Petrus, welcher durch ihn mit fast kindlicher Unschuld interpretiert wird. Christian Rey Marbella besticht mit großer Spielfreude als König Herodes, seine mitreißende Nummer ,,King Herod´s Song“ begeistert mit Esprit und Charme.
Die weiteren Rollen sowie das Ensemble wurden durchwegs stimmstark besetzt und unterstützen den Handlungsstrang, ohne den Fokus zu nehmen. Bedeutend gemacht wird die schauspielerische Leistung des ganzen Ensembles als Gefolgschaft Jesus Christus, was als eine geschlossene Einheit überzeugend gelingt.
Getreu dem Song ,,Whats the Buzz?“ schaffte es dieser Premierenabend von JESUS CHRIST SUPERSTAR, das altbekannte biblische Thema auf die Neuzeit zu projizieren. Man darf definitiv keinen Theaterabend erwarten, der eine kurze Auszeit verspricht, da die außergewöhnliche Inszenierung zu einer Achterbahnfahrt der Gefühle anregt, welche beim Publikum nicht ohne Nachklang bleibt.
6 von 6 Sternen: ★★★★★★
Kritik: Sophia Kriwanek; Fotos: VBW/ Herwig Prammer
28.03.2023 - Freie Bühne Wieden/ Wien
CHAPLIN, 1939
Deutsche Erstaufführung
„Seine Gestik ist extrem präzise. Alles ist bis ins Detail gearbeitet. Die Posen! Seine Art die Reden zu bellen, die Intensität, die er hineinlegt. Nichts ist dem Zufall überlassen. (…) Und vor allem hat dieses Schwein meinen Schnurbart gestohlen.“ (Zitat Charlie Chaplins aus dem Stück)
Charlie Chaplin wurde am 16.4. 1889 in London geboren, vier Tage später kam Adolf Hitler im oberösterreichischen Braunau am Inn zur Welt. Charlie wuchs in ärmlichen Verhältnissen auf. Sein Vater starb an den Folgen seiner Alkoholsucht, seine Mutter musste mehrmals in die Psychiatrie. Adolf Hitler war obdachlos. Beide waren den Künsten zugewandt, Charlie als Filmschaffender, Adolf als Maler. Chaplin zählt zu den Gründungsvätern der Traumfabrik, Hitler scheiterte mit seiner Malerei. Beide waren von ähnlicher Statur und vor allem, Hitler bediente sich desselben Schnurbarts, wie Chaplins Kunstfigur der Tramp, mit dessen Hilfe er die seelischen Schmerzen aus seiner Kindheit und Jugend aufarbeitet.
Eigentlich hatte Chaplin ein Napoleon Projekt im Kopf, lies dies aber 1936 fallen, denn die Idee einer Hitler Satire ließ ihn nicht mehr los.
Wir schreiben das Jahr 1939. Sydney, der Bruder von Charlie reist zu ihm, um ihn von den Gefahren solch eines Filmes zu warnen. Charlie will es Hitler aber heimzahlen. Er findet ihn verrückt, lächerlich und gefährlich. Es soll über den Führer gelacht werden.
„Der Humor sorgt, dass die Bösartigkeit des Lebens uns nicht ganz überwältig.“ (C. Chaplin)
Die Realität soll durch künstlerische Umsetzung in ihrer abgrundtiefen und verabscheuenden Niederträchtigkeit entlarvt werden. Charlie Chaplin ist am Höhepunkt seiner Karriere. „Der große Diktator“ auch ein Wendepunkt. Mit diesem Film soll der Übergang vom Stumm- zum Tonfilm gelingen und zugleich die Verabschiedung seiner Tramp-Figur. 76 Filme drehte er als Tramp. Auch Drohbriefe und die Bezeichnung „Widerwärtiger kleiner Zappeljude“ im Buch „Juden sehen Dich an“ können ihn nicht an seinem intensiven Schaffensprozess hindern. Er klärt weder auf, keine jüdischen Wurzeln zu haben, noch kümmert er sich um seine Familie. Mit seiner Perfektion bringt er seine Frau, die selbst Schauspielerin ist, an den Rand der Verzweiflung. Sie ist es auch, die ihn auf die Parallelen zu Hitler aufmerksam macht – und auch auf die Doppelexistenzen, die sie sich geschaffen haben. Die Ehe scheitert.
Stundenlang sichtet er Filmmaterial über Hitler und studiert ihn ganz genau. Charlies Einfall mit dem Luftballon als Weltkugel ist genial. Angesprochen auf seine Ideen meinte er, „Man muss die Fähigkeit haben über lange Zeit Seelenqualen zu ertragen und dann den Enthusiasmus durchhalten“. „Der große Diktator“ wird Chaplins größter Erfolg, sein Schlussmonolog an die Nächstenliebe ein Meisterwerk.
CHAPLIN, 1939 von Cliff Paillé behandelt diesen Entwicklungsprozess. Alexander „Sascha“ Wussow spielt Charlie Chaplin mit Intensität und Leidenschaft. Er zieht das Publikum in einen Wirbelsturm der Gefühle, zeigt authentisch Charlies innere Unruhe, seinen Humor, seine Zweifel und seine Genialität. Mal ist er aufbrausend, enthusiastisch, dann wieder leise und berührend. Wussow lebt diese Rolle. Seine funkelnden Augen, wie er zufällig beim „Kaugummiblasenbilden“ den Einfall zur Luftballonszene hat und sie choreographiert, fasziniert ebenso, wie seine geistige Abwesenheit, wenn er schreibt und dadurch sein Desinteresse an seine Frau Paulette bekundet.
Anna Sophie Krenn spielt die liebevolle Frau, die sich aber nicht scheut, bestimmend zu sein und ihn mit seinem schwierigen Charakter konfrontiert. „Du bist nervös, wenn du schreibst, du bist nervös, wenn du drehst. Du bist nervös, wenn du zwischen zwei Filmen im Kreis gehst. Du bist immer nervös. (…) Du bist unfähig zu lieben, Charlie.“ Schließlich erkennt sie die Sinnlosigkeit ihrer Ambitionen und geht.
Robert Ritter als Bruder Sydney ist einerseits eine Art Gewissen, lässt sich aber schließlich von Charlie überzeugen. Er spielt seine Rolle sehr bedacht und wird zum Gegenpol des extravertierten Charlie.
Unter der Regie von Helmuth Fuschl und der Übersetzung von Michaela Ehrenstein und Uta Szyszkowitz wird ein 90-minütiges emotionales und psychologisch eindringliches Portrait eines großen Künstlers und Menschenkenners gezeigt, der weit mehr als der König des Slapsticks war!
6 von 6 Sternen: ★★★★★★
Kritik: Michaela Springer; Fotos: FBW/Philipp Hutter
CHAPLIN, 1939 ist noch bis 15. April in der Freie Bühne Wieden zu sehen.
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23.03.2023 - Komödie am Kai/ Wien
WINTERROSE
Die Winterrose, auch Schneerose oder Christrose genant, ist eine ganz besondere Pflanze. Sie blüht schon sehr früh im Jahr, ist edel und zerbrechlich. In der Blumensprache steht sie für Hoffnung und „hilf mir, meine Angst zu überwinden“. Ist es ein Zufall, dass sich Elisabeth in ihren Annoncen Winterrose nennt? Wirklich nur Zufall? In diesem Fall ist es eher nomen est omen, denn sie hilft Anton, ohne es wissen.
Anton Kleber sitzt seit 27 Jahren regelmäßig jeden Donnerstag lesend im Stadtpark. Er scheint im Reinen mit sich und der Welt zu sein, schätzt und liebt die Einsamkeit, die Stille der Natur und wird nur ungern gestört. Darauf reagiert er abweisend.
Als Antons Yoga-Kurs auf Donnerstag verschoben wird, muss er nun auf den Mittwoch ausweichen. Doch seine Stammbank ist an jenem Wochentag stets von der Witwe Elisabeth Leitgeb belegt. Mit der Einsamkeit ist es fortan vorbei. Sie ist das genaue Gegenteil von ihm, lebhaft und sprudelt nur so vor Energie. Jeden Mittwoch verabredet sich die kontaktfreudige Witwe vis a vis im Kaffeehaus. Zuvor aber beobachtet und analysiert sie die möglichen Kandidaten von der Parkbank aus. Bei den Treffen erfährt sie eine Enttäuschung nach der anderen. Jedes Mal kehrt sie zu Anton auf die Bank zurück und berichtet ihm ausführlich darüber, obwohl dieser von all dem nichts wissen möchte. Doch die Wochen und Monate vergehen, die Treffen werden zur Gewohnheit, ein fehlen wird immer mehr bedauert, auch wenn sie es sich nicht eingestehen möchten. Zum Glück gibt es den Gärtner mit seinen trockenen Kommentaren und Lebensweisheiten. Er hat das Herz am rechten Fleck, ist die gute Seele des Parks und hat instinktiv ein Gespür für die beiden. Er wird zum Psychologen und Verkuppler.
Johannes Terne ist Anton, der scheinbar mit allem im reinen ist und ein Freund anspruchsvoller Literatur ist (Dantes „Die göttliche Komödie“). In Wirklichkeit versteckt er seine verletzten Gefühle unter seiner rauen Schale, die eine Schutzmantel für ihn ist. Er hat für sich eine nicht der Wahrheit entsprechende Version seiner gescheiterten Ehe zurechtgelegt. So ist er äußert erzürnt, als ihn Elisabeth damit konfrontiert. Zugleich ist es aber der Wendepunkt, an dem er Gefühle wieder zulässt.
Ulli Fessl spielt Elisabeth, temperamentvoll, charmant und mit Esprit. Im Herzen ist sie jung geblieben, teilweise mit jungenhafter Neugier und lebensbejahendem Optimismus.
Rochus Millauer ist der ruhige und liebenswerte Gärtner Emil, ein Google-Freund und ein mit „Asterix und Obelix“-Weisheiten ausgestattete Hobby-Psychologe mit Verkuppler-Ambitionen.
Das Hauptaugenmerk liegt natürlich auf den zwei Hauptprotagonisten. Ulli Fessl und Johannes Terne zeichnen prägnant ihre Charaktere. Sie sind zwei, in den Herbst ihres Lebens gekommene, die nochmals ihren Frühling erleben, nachdem sie so einige Hürden überstanden haben und schlussendlich doch noch ihr Glück finden.
Unter der Regie von Sissy Boran und Andrea Eckstein ist eine amüsante, kurzweilige und charmante Komödie entstanden, ideal, um für einen Abend Auszeit vom Alltag zu nehmen und Spaß zu haben.
5 von 6 Sternen: ★★★★★
Kritik: Michaela Springer; Fotos: Komödie am Kai
Das Stück steht noch bis 29. April 2023 auf dem Spielplan.
11.03.2023 - Haus der Musik/ Wien
Gernot Kranner
PIPPI LANGSTRUMPF
In der Zeit voller Reizüberflutungen von TV-Angeboten, Computer und Handy Aktivitäten ist es wichtig, bereits in jungen Jahren den Kindern ein breites Kulturprogramm zu bieten und so ihre Phantasie zu beflügeln. Seit vielen Jahren ist es Gernot Kranner ein Anliegen den Kleinsten auf spielerische Weise Kinderklassiker näher zu bringen. In seinen Programmen geht er auf Kinder zu, animiert sie mitzumachen und vor allem mitzusingen.
Nun ist Pippi Langstrumpf neu zu seinem Repertoire dazugekommen.
Die Melodien und die Liedtexte sind simpel, sodass selbst kleine Kinder problemlos mit einstimmen können. Liebevoll erzählt er die Geschichte von Pippi und ihren Freunden mit großen Gesten und mit liebevollen Handpuppen. Spontan reagiert Gernot Kranner auf Zwischenrufe und bindet sie in den Ablauf ein. Er schafft es, die Fantasie zu beflügeln, Kindern das Theater näher zu bringen und Lust auf mehr zu machen.
Gernot Kranners Programme sind pädagogisch wertvoll und daher ein wichtiges Kulturerlebnis für die ganze Familie.
Beim Verlassen des Saals hörte man noch so manches Kind und Elternteil die Lieder nachsingen.
6 von 6 Sternen: ★★★★★★
Kritik: Michaela Springer; Fotos: Wolfgang Springer
Gernot Kranner kann mit seinen Märchenstücken unter anderem für Aufführungen in Kindergärten und Schulen gebucht werden.
Kontakt: Tel: 0676/ 32 69 289; gernot.kranner@aon.at
www.gernotkranner.com
06.03.2023 - Kasino am Schwarzenbergplatz/ Wien
EXTREM TEURES GIFT
von Lucy Prebble
nach A VERY EXPENSIVE POISON von LUKE HARDING
aus dem Englischen von Michael Raab
Nichts ist grauenhafter als das wahre Leben.
Was sich die Menschen, getrieben von Macht und Gier, gegenseitig antun, ist oft von unbeschreiblicher Grausamkeit.
EXTREM TEURES GIFT ist die Anatomie solch einer Gräueltat am ehemaligen FSB-Offizier Alexander Litwinenko im November 2006 in London durch die Vergiftung mit Polonium 210, einer hochradioaktive Substanz. Um auf Nummer sicher zu gehen, wurde ihm die 100 fache tödliche Dosis mittels grünen Tees verabreicht. Das mittels Füller in das Getränk gespritzt Gift hat einen Marktwert von 29 Millionen Euro. Diese Substanz kann nur aus einem einzigen Atomlager in Russland stammen, dessen Zugriff nur von ganz oben genehmigt werden muss. Der scharfe Kreml Kritiker wurde mit hoher Wahrscheinlichkeit mit der Zustimmung von Wladimir Putin durch den FSB ermordet. Kurz vor seinem Tod hatte Litwinenko Putin beschuldigt. Der Kreml bestritt jedoch jeden Zusammenhang. Litwinenko war zum Zeitpunkt seiner Ermordung britischer Staatsbürger.
Fotos: (c) Marcella Ruiz Cruz
Der britische Journalist und Autor Luke Harding verfasste 2016 ein Buch über den Fall, A VERY EXPENSIVE POISON. Er widmete sich außer dem Mordfall Litwinenko unter anderem dem russischen Mafiastaat, WikiLeaks, Edward Snowden und dem Ukraine-Konflikt. Für seine Berichterstattung als Russland-Korrespondent der Zeitung The Guardian in den Jahren 2007 bis 2011 wurde er 2014 mit dem angesehenen James Cameron Memorial Trust Award ausgezeichnet.
Die Theaterautorin Lucy Prebble, bekannt für ihre Bearbeitungen von Schlüsselereignissen der jüngeren Wirtschafts- und Politgeschichte, hat den Stoff 2019 zu einem Bühnenstück adaptiert. Nach der Uraufführung im Old Vic in London, kam es nun im Kasino am Schwarzenbergplatz unter der Regie von Martin Kušej zur Deutschsprachigen Erstaufführung.
EXTREM TEURES GIFT ist eine Mischung aus Politthriller sowie dem verzweifelten Kampf einer starken Frau um Gerechtigkeit und deren große Liebe zu ihrem Mann.
Knapp und rasant werden die Stationen seines Lebens szenisch angerissen. Da fließt Wodka, Satiresendungen aus England werden argwöhnisch betrachtet und jene, welche man beim Sehen solcher erwischt, werden bedroht, und man trifft sich bei ausschweifenden Partys von Oligarchen. Als Alexander Litwinenko sich gegen das Patriarch wendet und die Missstände an die Öffentlichkeit trägt, wird erstmals sein Leben bedroht.
Die Spurensuche nach dem Giftanschlag erfolgt schließlich präzise mit den Litwinenkos und dem besonnenen und konsequenten Inspektor Hyatt (Maximilian Pulst).
Charismatisch und dekadent auftretend wie König Lear agiert Johannes Terne als betrunkener Oligarch in Pelzmantel und Sturmgewehr.
Die meisten Szenarien stehen unter der Beobachtung von Wladimir Putin (Dietmar König), zuerst als Chef des FSB, später als russischer Präsident. Wenn er auch selbst nicht immer in die Szene involviert ist, ist er stets präsent. Im Hintergrund beobachtet er oder liest einfach nur eine Zeitung. Nichts entgeht ihm. Dietmar König reduziert sein Spiel, dadurch wirkt er diabolisch, unnahbar und berechnend, ohne den Versuch den wahren Putin nachzuspielen.
Daniel Jesch als Litwinenko ist ein Kämpfer, der durch seinen Widerstand gegen die Korruption im FSB sowie das Regime, sein Todesurteil besiegelt.
Seine Frau Marina (Sophie von Kessel, Buhlschaft im „Jedermann“ 2008, 2009) weicht ihrem Mann nie von der Seite, unterstützt ihn in allem, was er tut, und kämpfte selbst Jahre nach dem Tod Alexanders noch für die Aufklärung und Veröffentlichung der Namen der Mörder.
In weiteren Rollen brillieren Tim Werths, Johannes Zirner, Johannes Zirner, Wolfram Rupperti und Laura Dittmann.
Das Bühnenbild besteht aus einem großen Tisch und Stühlen, somit liegt der Hauptfokus auf die Darsteller:innen. Vereinzelt eingeblendete Fotos und Videos sind sparsam, aber umso effektiver eingesetzt. Das Kino selbst, ein altes, großes, düster anmutendes Palais, gibt dem Stück den passendenden, drückenden Rahmen. Das Drama wird ohne Sentimentalität und unnötigen Ausschmücken erzählt. Es ist direkt und ernüchternd. Ein Kampf gegen Windmühlen, denn die Mächtigen sich zu mächtig, um zu Fall gebracht zu werden. Was bleibt ist Betroffenheit.
Fotos: (c)Matthias Horn
6 von 6 Sternen: ★★★★★★
Kritik: Wolfgang Springer
02.03.2023 - Amtshaus Brigittenau/ Wien
Einmal Wien - Berlin und retour
René Rumpold & Johannes Terne
Unter dem Titel „Einmal Wien - Berlin und retour“ begaben sich René Rumpold und Johannes Terne mit dem Publikum auf eine musikalische, literarische Reise in längst vergangene Zeiten. Zu den zahlreichen Anekdoten, Gedichten und Geschichten erfreute sich das Publikum auch am freundschaftlichen Wettstreit zwischen einem Ösi und einem Piefke. Musikalisch umrundet wurde das Programm mit Liedern aus dem Alpenraum und Norddeutschland, wie dem „Fiakerlied“, „Es ist einmal im Leben so“, „Ein Freund, ein guter Freund“ oder „Mein Vater war ein Hausherr“, was die Zuschauer:innen in Nostalgie schwelgen ließ.
Die beiden sympathischen Künstler verstanden es ihre Fans einen Abend lang auf einen amüsanten Trip zwischen Wien und Berlin zu begleiten.
Text: Michaela Springer; Fotos: Wolfgang Springer
01.03.2023 - Scala/ Wien
Die Frau in Schwarz
Glauben Sie an Gespenster, so wie 22% der Österreicher? Denn DIE FRAU IN SCHWARZ hielt als klischeehaftes Gespenst Einzug im Theater des Fürchtens in der Scala.
Ihr wurde Unrecht zuteil. Den Schmerz nahm sie ins Grab und nun rächt sie sich, auch an Unschuldigen. Jeder, der sie sieht, erfährt unendlich tiefen Schmerz, den dessen Kind kommt auf tragische Weise ums Leben. Ihr Auftreten ist diabolisch und erschreckt so manchen Zuschauer. Plötzliches Aufschreien im Publikum erzeugte gruselige Stimmung im Saal, gefolgt von einem überspielten Lachen. Im Programmheft stehen nur zwei Namen, jenen der schwarzen Frau sucht man vergebens. Aber wie sagte schon Arthur Schnitzler „Manche Leute sind gerade noch aufgeklärt genug, um an Gespenster nicht zu glauben, aber immerhin in Zweifel, ob nicht vor hundert Jahren noch welche existiert haben.“ Für diese schaurigen Momente zeichnet sich Sam Madwar verantwortlich. Das Bühnenbild ist einfach, aber genial. Der Theaterraum kann auch in das ehemalige Anwesen verwandelt werden. Hinter dem beleuchteten Vorhang sieht man einmal einen verlassenen Friedhof, dann wieder ein verborgenes Kinderzimmer. Mit Projektionen und Bühnennebel wird das Publikum in die düstere und schauderhafte Geschichte gezogen. Die visuellen Effekte kommen von Eva-Christina Binder. Das Stück ist die Bewältigung eines traumatischen Erlebnisses, deren Anfang etwas langatmig ist, aber zunehmend an Mystik und Spannung zunimmt.
Als junger Anwalt reist Arthur Kipps in ein gottverlassenes Provinznest, um dem Begräbnis einer verstorbenen Klientin beizuwohnen und den Nachlass zu ordnen. Die wortkarge Dorfgemeinschaft meidet ihn und am verwaisten Haus der Toten begegnet ihm eine rätselhafte Frau in Schwarz. Neugierig versucht er ihr Geheimnis zu ergründen, bis er merkt, dass die Geister, die er nicht ruhen lässt, auch auf sein eigenes Leben eine entsetzliche Wirkung entfalten. Jahrzehnte später engagiert Kipps einen jungen Schauspieler, um die beunruhigenden Ereignisse von damals noch einmal nachzuspielen und damit abschließen zu können. Es kommt aber anders …
Seit 1989 ist Stephen Mallatratts raffinierte Bühnenadaption von Susan Hills Roman DIE FRAU IN SCHWARZ ein Dauerbrenner im Londoner West End und damit, gleich nach Agatha Christies „Die Mausefalle“, das Stück mit der längsten durchgehenden Laufzeit überhaupt.
Thomas Kamper ist Arthur Kipps, der mehrere Rollen übernahm, während er mit dem Schauspieler (Thomas Marchart) sein Werk umsetzt. Damit kann er ein breites Spektrum seiner Wandlungsfähigkeit zeigen: Als Kipps schüchtern, als Rechtsanwalt selbstsicher, als Kutscher eine gute, grummelige Seele und als reicher Dorfbewohner ein versnobter Gentleman. Diese Vielschichtigkeit macht ihm offensichtlich sehr viel Freude.
Thomas Marchart in seiner Rolle als Schauspieler, der Kipps in jungen Jahren darstellt, ist da schon mehr eingeschränkt. Besonders stark sind seine Momente des Fürchtens. Ansonsten spielt er überzeugend den reich an übertriebenen Gesten von sich selbst überzeugten Schauspieler.
Und dann gibt es noch die Frau in Schwarz, die immer mal wieder aus dem Nichts erscheint und verschwindet, zuweilen auch mit rote-leuchtenden Augen.
DIE FRAU IN SCHWARZ sorgt für einen schaurigen, schönen Abend voller Spannung, Mystik und Schrecken.
5 von 6 Sternen: ★★★★★
Kritik: Michaela Springer; Fotos: Bettina Frenzel
23.02.2023 - Das Vindobona/ Wien
CulinarICAL 6.0 - Changes
Premiere
Es begann vor acht Jahren mit einer privaten Geburtstagsüberraschung und endete in einem jährlichen Fixpunkt im Wiener Musicalkalender. Seit Wolfgang Ebner das Vindobona übernommen hat, hat CulinarICAL auch einen festen Standort.
Am 23.2. feierte die 6. Auflage mit dem Titel „Changes“ am 23. Februar seine Premiere. Der Hausherr des Vindobona widmete diese dem am 2. Februar überraschend verstorbenen ehemaligen Musikdirektor der Vereinigten Bühnen Wien, Caspar Richter, der im Dezember noch mit einem stimmungsvollen Adventkonzert das Publikum auf die besinnliche Weihnachtszeit einstimmte. Ein schönes Zeichen, wie Wolfgang Ebner dem großartigen Dirigenten Tribut zollte und sich für seine Zusammenarbeit bedankte.
Die rund vier Stunden dauernde Dinnershow mit den Blöcken Leben, Schicksal, Liebe und Hoffnung betitelt, beinhaltet Highlights unter anderem aus „Elisabeth“, „Les Misérables“, „Miss Saigon“, „Moulin Rouge“, „Avenue Q“, „& Juliette“, „MJ: The Musical“, „Wicked“, „Rudolf“, „In the Heights“, „Rock of Ages“, „Dirty Dancing“, „Jekyll & Hyde“, „Rent“, „Anastasia“, „Hinterm Horizont“ und „Sister Act“ präsentiert von Tanja Petrasek, Lena Weiss, Sabina Auer, Victoria Sedlacek, Martin Pasching, Markus Krenek, Fabian Koller und Philipp Tobias Hägeli.
Ein besonderes Anliegen von Wolfgang Ebener und Rita Sereinig ist es, den Nachwuchs zu fördern. Fabian Koller (tänzerisch ausdrucksstark) und Viktoria Sedlacek (überzeugende Anastasia), die ihre Ausbildung im MUK absolvieren, ergänzen das diesjährige Ensemble.
Seit Anbeginn zeichnet sich Rita Sereinig für das Konzept, Regie und künstlerische Leitung verantwortlich. Auch heuer überrascht sie mit originellen Regieeinfällen. So ließ sie bei „Man in the Mirror“ (MJ: The Musical) das Ensemble um Leadsänger Philipp Hägeli mit Spiegeln kreisen, sodass diverse Spiegelbilder erscheinen.
Warum Eponine hingegen an einem Schulterdurchschuss stirbt, will sich einem nicht erschließen.
Für die visuelle Stimmung auf der LD-Wand im Hintergrund sorgt erneut Christian Ariel Heradia. Die Kostüme, stets passend zu den Stücken und das Thema, stammen von Susanne Ebner und Andrea Baumgartner.
„CulinarICAL 6.0" ist ein abwechslungsreicher Mix aus alten und neuen Musicals, wobei auf die Vielfalt geachtet wurde und so ein relativ breites Musikspektrum abgedeckt wird.
Vom Ensemble besonders hervorzuheben sind Tanja Petrasek („Being Alive" - Company), Lena Weiss („Frei und schwerelos" - Wicked) und Philipp Hägeli, die in all ihren Songs, gegenüber ihren Kolleginnen und Kollegen, überzeugen konnten. Diese hatten während des Abends helle, aber auch weniger helle Momente. „I Believe“ (Book of Mormon) war ein Highlight des Abends, von Philipp Hägeli emotional dargeboten. Mit Tanja Petrasek bildet er ein schönes Paar beim „Elephant Love Medley" (Moulin Rouge).
Die Musik kam vom Band. Der Ton war gut auf die Solistinnen und Solisten abgestimmt. Bei den beiden „Dear Evan Hansen"-Nummern gegen Schluss des letzten Akts hat man sich jedoch überbordet. Ein Fehler, der bei nahezu allen Musicalshows zu beobachten ist. Die Lautstärke wird auf Maximum gedreht und die Sänger:innen gehen (zumeist) über ihre Grenzen.
„CulinarICAL" steht für Genuss aller Sinne und so wird zwischen den Showblöcken ein 4-gängiges Menü serviert. Zur Auswahl stehen zwei Varianten, um auch Vegetariern einen fleischlosen Genuss zu bereiten.
Mit dem passenden Titel „Heute beginnt der Rest deines Lebens“ (IWNNINY) klang der Premierenabend erfolgreich aus.
Bis 15. Mai bietet sich noch die Chance, sich das Musicaldinner zu genießen.
Für das Gesamtpaket vergeben wir ...
5 von 6 Sternen: ★★★★★
Kritik & Fotos: Michaela Springer
22.02.2023 - Wiener Stadthalle F
This is the Greatest Show!
Tourneestart in Wien
In Wien startete am 22. Februar die Neuauflage der THIS IS THE GREATEST SHOW!-Tournee 2023. Als prominente Solistinnen und Solisten stehen heuer Jan Ammann, Maya Hakvoort, Andreas Bieber (er fungierte auch als Moderator), Drew Sarich, Michaela Schober, Jonas Hein und Friedrich Rau auf der Bühne und bekamen etwas mehr Spielraum als die Gaststars im letzten Jahr.
Es ist eine Show mit Höhen und Tiefen. Defizite gibt es bei manchen Gesangsdarbietungen, am Programm, dem Ton und der musikalischen Umsetzung. Ist der erste Teil abwechslungsreich, wirkt der zweite durch große Nummernblöcke einzelner Musicals sehr zäh.
Der erste Akt bestand unter anderem aus „Robin Hood“, „3 Musketiere“, „Disneys Die Eiskönigin“, „Kuhdamm 56“, „Joseph“ und „Hamilton“ und endete mit einem Abba- Medley.
Im zweiten gab es nur wenige Blöcke, wie „Greatest Showman“, „Prom“ und „Elisabeth“.
Fast 30 Minuten dauerte der „Greatest Showman“-Block. Und wäre das nicht schon genug, war dies auch die Zugabe aus dem Film.
Die Highlights des Abends waren Interpretationen aus Stücken, welche die Solistinnen und Solisten bereits gespielt haben. So rief Andreas Bieber als Joseph, Drew Sarich mit „Draußen“ („Der Glöckner von Notre Dame“) und natürlich „Ich gehör´ nur mir“ (Elisabeth“) von Maya Hakvoort, diesmal mit passendem Kleid und Perücke, Erinnerungen wach. Das musikalische Arrangement von „Sei bereit“ (Tanz der Vampire) mit Maya Hakvoort, Michaela Schober und Jan Ammann als Disconummer klang einfach nur grausam. Es ist schade, dass bei solch einer groß angekündigten Show am Orchester gespart wird. So manche Nummer würde etwa Streicher verlangen. Programmierte auf einem Keyboard klingen einfach billig. So sorgten Schlagzeug, E-Gitarren und zwei Keyboards für jede Menge lauten Beat, oft so laut, dass die Melodie unterging. Mit diesem Konzept kam Drew Sarich am besten zu recht. Er ist eine „Rampensau“ und gibt auf der Bühne stets 100 Prozent.
Ein weiteres Problem ist das Ensemble. Anstatt es im Hintergrund ergänzend agieren zu lassen, bekam es eigene Nummern. Die/ der eine oder andere aus dem Chor erhielt sogar solistische Einlagen. Das ist zwar aller Ehren wert, doch ein Hörgenuss klingt anders.
Auch 2023 wirbt THIS IS THE GREATEST SHOW! mit große Musicalnamen, die eigentlich auch für höchste Qualität stehen. Bis auf wenige Ausnahmen kamen sie jedoch mit der Umsetzung der Show nicht zurecht und schienen etwas unglücklich über die Produktion und die musikalische Umsetzung zu sein. Es gibt einiges, wo man den Hebel ansetzen müsste. Dazu wäre es einmal wichtig sich auf die Prioritäten einer guten Musikshow zu besinnen – der Symbiose von Musik und Künstler:in.
So ist der Titel nicht Programm.
3 von 6 Sternen: ★★★
Kritik: Wolfgang Springer; Fotos: 360 Grad Design
19.02.2023 - Wiener Stadthalle D
Disneys
DER KÖNIG DER LÖWEN -
In Concert Live to Film
Disneys DER KÖNIG DER LÖWEN von 1994 ist der kommerziell erfolgreichste Animationsfilm. Maßgebend am Erfolg des Klassikers sind die Lieder von Elton John und die Musik von Hans Zimmer.
25 Jahre später (2019) versuchte sich Disney an einer computeranimierten Neuverfilmung, welche technisch seinesgleichen sucht. Mit unglaublicher Genauigkeit wurde die Tierwelt und die Landschaft Afrikas auf die Leinwand gezaubert, sodass man sich in einem Realfilm wähnt. Diese neue Version wurde mit größtenteils überflüssigen Szenen um fast 30 Minuten erweitert, welche die Geschichte immer wieder ausbremst. Sorgt dies im (Heim)Kino für Langeweile, bot sich für Hans Zimmer die Chance, musikalische Ergänzungen vorzunehmen.
Am 19. Februar machte nun DISNEYS DER KÖNIG DER LÖWEN – In Concert Live to Film Halt in der Wiener Stadthalle. Das City of Prague Philharmonic Orchestra unter der erfahrenen Leitung des Wiener Star-Dirigenten Gottfried Rabl spielte live den Oscar-prämierte Soundtrack von Hans Zimmer und die legendären Hits von Elton John („Kann es wirklich Liebe sein“, „Hakuna Matata“ und „Der ewige Kreis“). Afrikanische Rhythmen und Klänge gepaart mit monumentalen, epischen Melodien begeisterten das doch schon ältere Publikum. Das Orchester war hervorragend auf die Gegebenheiten der Stadthalle abgestimmt. Lediglich in wenigen Passagen übertönte das Gesprochene im Film. Verdienten Zwischenapplaus gab es gleich zu Beginn bei „Der ewige Kreis“ und „Sei bereit“, bei denen das Orchester seine Opulenz und Vielseitigkeit unter Beweis stellen konnte.
Nach der unnötigen und zu langen Pause wurde ein kurzes, musikalisches Intro vor den Beginn des zweiten Akts gesetzt. Dabei freute man sich schon über den Abspann des Films, der sämtliche Highlights beinhaltet und dem Orchester nochmals ausgiebig die Gelegenheit bietet, sein gesamtes Potential zu zeigen. Die Enttäuschung war jedoch groß, denn der Abend endete abrupt mit der letzten Einstellung am Königsfelsen. Nach kurzer Ratlosigkeit setzte der Applaus ein, als sich die Musiker:innen mit ihrem Dirigenten verneigte.
Beim Verlassen der Halle war unter den Besucher:innen eine etwas gedämpfte Stimmug spürbar. Dieses Konzert hätte sich einen schöneren Ausklang verdient. So verließ man es mit gemischten Gefühlen.
Durch das unmotivierte Ende gibt es leider nur ...
... 5 von 6 Sternen: ★★★★★
Kritik: Wolfgang Springer
18.02.2023 - Das Vindobona/ Wien
DOPPELBUCHUNG -
mit Magda Leeb und Gregor Seberg
Endlich wieder Theater! Jede Künstlerin, jeder Künstler dürstet danach, wieder im Scheinwerferlicht zu stehen. So werden Termine für Shows und Tourneen festgelegt. Nur zu dumm, wenn zwei verschiedene Leute am selben Tag, zur selben Zeit und am selben Spielort durch eine Irrtum gebucht wurden. Jeder will auftreten und nicht von der Bühne weichen. Das eigene Soloprogramm zu spielen, geht dadurch nicht. So bleibt nur eines übrig: Improvisieren.
Das ist die fixe Rahmenbedingung von DOPPELBUCHUNG mit Gregor Seeberg und Magda Leeb. Der Rest ist Improvisationstheater. Die Show nimmt dadurch einen Verlauf, den das Publikum durch Zurufe oder Kärtchen beeinflusst.
Magda Leeb ist Profi im Improvisationstheater, für Gregor Seeberg ist eher Neuland ist. Beide ergänzen sich aber hervorragend. Kurze Szenen werden durch das Mitwirken des Publikums kreiert, wie zum Beispiel, dass G. Seeberg in einem Geschäft etwas umtauschen soll, wovon er aber nicht weiß was es ist. Das Publikum hat zuvor das „Ding“ bestimmt und Magda Leeb manövriert ihn durch gezielte Fragen in witzige Antworten. Er, ahnungslos, soll auch erraten, um welchen Gegenstand es geht. Ein Töpferkurs oder eine Sitzung beim Psychiater bekommt durch Zuruf verschiedener Emotionen einen ganz anderen Verlauf.
Es ist bewundernswert und faszinierend, wie schnell sich die beiden auf eine Situation oder Emotion einstellen können und Stegreif eine Szene darstellen können.
DOPPELBUCHUNG ist unterhaltsam, voller Überraschungen und Attacken auf die Lachmuskeln und jeden Abend einzigartig – Eine Show mit Mehrwert.