01.08.2025 - Freilichbühne Tecklenburg

TITANIC – Das Musical

TITANIC ist das zweite Stück, das diesen Sommer bei den Freilichtspielen in Tecklenburg aufgeführt wird.


Schon vor Beginn der Show liegen Stühle, Rettungswesten und andere Gegenstände verstreut auf der Bühne – ein Hinweis darauf, dass die Titanic längst gesunken ist. Nach und nach betritt das gesamte Ensemble, inklusive Chor und junges Ensemble der Freilichtspiele Tecklenburg, die Bühne und eröffnet den Abend mit dem eindrucksvollen Lied „Zu allen Zeiten“. Diese Eingangsszene sorgt sofort für Gänsehaut und macht deutlich, dass es hier nicht nur um den Untergang des berühmten Schiffes geht, sondern vor allem um die vielen individuellen Schicksale an Bord – um Hoffnungen, Träume und den Glauben an einen Neuanfang in Amerika.

Das Bühnenbild fügt sich perfekt in die Burgruine ein. Vier große, gold-schwarze Schornsteine sind auf der Bühne verteilt. Die Kulisse von Jens Janke erstreckt sich über mehrere Ebenen – von der Brücke und dem Ausguck über den Funkraum bis hinunter zur dritten Klasse und dem Maschinenraum. Bewegliche Relings und drei verschiebbare Treppen lassen das Schiff lebendig werden und verdeutlichen seine beeindruckende Größe.

Beim Betreten des Schiffs werden die Passagiere der ersten Klasse auf einem roten Teppich vorgestellt, sodass das Publikum sofort weiß, wer Guggenheim, Straus oder Astor ist.
Die Handlung dürfte jedem bekannt sein: Am 10. April 1912 sticht die RMS Titanic zu ihrer Jungfernfahrt von Southampton nach New York in See. Sie gilt als unsinkbar. An Bord sind wohlhabende Reisende ebenso wie zahlreiche Auswanderer der zweiten und dritten Klasse, die in Amerika auf ein besseres Leben hoffen.

Unter den Passagieren befinden sich auch Konstrukteur Thomas Andrews (Alexander di Capri), der sein Meisterwerk begleitet, und Reederei-Chef J. Bruce Ismay (Felix Martin), der Kapitän Edward J. Smith (Benjamin Eberling) unter Druck setzt, die Fahrt in Rekordzeit zu bewältigen, um Schlagzeilen zu machen. Neben den Gästen der ersten Klasse werden auch einige Crewmitglieder in den Vordergrund gerückt, wie Funker Harold Bride (Tobias Bieri) und Heizer Frederic Barrett (Til Ormeloh), deren Geschichten den tragischen Verlauf besonders greifbar machen.

Die dritte Klasse wird unter anderem durch Kate McGowan (Laura Araiza Inasarides) und Jim Farrell (Michael B. Sattler) repräsentiert, deren Liebesgeschichte berührt und deren Träume von einem neuen Leben in Amerika das Lied „Ich muss auf dieses Schiff“ prägen. Auch Alice Beane (Bettina Meske) hofft auf gesellschaftlichen Aufstieg und sehnt sich nach einem erfüllteren Leben als bisher mit ihrem Mann Edgar (Patrick L. Schmitz).

Ismay drängt den Kapitän zu höherer Geschwindigkeit, während der Funker vergeblich versucht, Warnungen vor Eisbergen durchzugeben. Die Tage bis zur Katastrophe werden im Zeitraffer dargestellt – besonders gelungen ist die große Dinner Szene, bei der die Plätze jeden Abend wechseln und der Steward (Gerben Grimmius) das jeweilige Menü präsentiert.

Mit der Kollision des Eisbergs endet der erste Akt – eindrucksvoll inszeniert durch einen gigantischen Schatten, der die Bühne verdunkelt. Während sich die erste und zweite Klasse in Sicherheit wähnt, wird die dritte Klasse unter Deck festgehalten. Der Funker morst vergeblich um Hilfe, nur ein Schiff ist in der Nähe, antwortet aber nicht. Der Streit um die Schuld beginnt: Ismay weist jede Verantwortung von sich und flüchtet auf ein Rettungsboot, Andrews zerbricht fast unter der Frage „Was hätte ich anders machen können?“. Kate und Jim schaffen es in letzter Minute auf ein Boot.

Der Untergang wird durch beeindruckende Lichtprojektionen dargestellt: ein Servierwagen rollt und zerschellt, das Auseinanderbrechen des Schiffes in zwei Teile wird visuell auf die Kulisse übertragen. Diese Effekte von Bango Karadjov sind ein absolutes Highlight der Inszenierung. Kurz vor dem Ende erklingt, wie von Zeitzeugen berichtet, das berühmte „Autumn“-Stück der Geiger an Bord.

Die dritte Klasse bekommt mit irischen Tanz- und Musikelementen einen besonderen folkloristischen Charakter. Die Kostüme spiegeln die Zeit perfekt wider – schlicht in der dritten Klasse, glamourös in der ersten, verschwitzt und verschmutzt für die Arbeiter unter Deck.

Auch die Besetzung überzeugt auf ganzer Linie:
Benjamin Eberling als Kapitän Smith verleiht seiner tragischen Rolle mit markanter Stimme Autorität.
Alexander Di Capri als Thomas Andrews überzeugt mit seiner Präsenz und berührt besonders mit seinem Solo „Die Schuldfrage“.
Felix Martin zeichnet Ismay als ehrgeizigen Karrieristen, der ohne Skrupel Schlagzeilen anstrebt.

Sympathieträger des Abends sind jedoch Masha Karell und Anton Rattinger als Ida und Isidor Straus, deren berührende Szene im Angesicht des Todes vielen Zuschauern Tränen in die Augen treibt. Sie bleibt an Board und geht mit ihrem Mann zusammen in den Tod.

Nicht zu vergessen ist der großartige Chor, der den Abend mit dem Eingangslied und dem Finale zu einem emotionalen Erlebnis macht. Am Ende stehen die Überlebenden auf der Carpathia, während im Hintergrund die Namen der Opfer an die Schornsteine projiziert werden – ein starkes, bewegendes Finale.

Die Inszenierung der Freilichtspiele Tecklenburg ist mitreißend, atmosphärisch dicht und verdient ohne Zweifel ...

6 von 6 Sternen. ★★★★★★
           Kritik: Verena Bartsch; Fotos: Daniel Lagerpusch

  • TITANIC_Freilichstpiele_Tecklenburg_2025_Foto_Daniel_Lagerpusch_sRGB_HIGH_END7
  • TITANIC_Freilichstpiele_Tecklenburg_2025_Foto_Daniel_Lagerpusch_sRGB_HIGH_END4
  • TITANIC_Freilichstpiele_Tecklenburg_2025_Foto_Daniel_Lagerpusch_sRGB_HIGH_END6
  • TITANIC_Freilichstpiele_Tecklenburg_2025_Foto_Daniel_Lagerpusch_sRGB_HIGH_END12
  • TITANIC_Freilichstpiele_Tecklenburg_2025_Foto_Daniel_Lagerpusch_sRGB_HIGH_END11_v3
  • TITANIC_Freilichstpiele_Tecklenburg_2025_Foto_Daniel_Lagerpusch_sRGB_HIGH_END9
  • TITANIC_Freilichstpiele_Tecklenburg_2025_Foto_Daniel_Lagerpusch_sRGB_HIGH_END8


www.freilichtspiele-tecklenburg.de






 

 

 

E-Mail
Instagram