05.05.2025 - Haus Hofmannsthal/ Wien
Szenische Lesung Arthur Schnitzler
KOMÖDIANTINNEN
Helene, Fritzi, Halbzwei
Am 5. Mai bot das Haus Hofmannsthal ein literarisch-theatralische Highlight. Walter Gellert präsentierte zum Abschluss der Schnitzler-Trilogie eine szenische Lesung unter dem Titel „Arthur Schnitzler Komödiantinnen“. Zusammen mit Michaela Ehrenstein entführte er das Publikum in das Wien der 1890er Jahre, eine Ära der dekadenten Salons, der doppeldeutigen Liebschaften und des schillernden Theaters.
Im Zentrum des Abends standen die zweiteilige Novelle Komödiantinnen (HELENE und FRITZI) sowie der frühe Einakter HALBZWEI, allesamt Texte, in denen Schnitzler seine Liaison mit Schauspielerinnen und seine Faszination für die Bühnenwelt mit literarischer Raffinesse verarbeitete. Ehrenstein und Gellert erwiesen sich dabei als fein aufeinander abgestimmtes Duo, das mit sensibler Stimmführung, Ironie und subtilem Spiel die Figuren zum Leben erweckten.
Besonders im selten aufgeführten Stück „Komödiantinnen Helene/Fritzi“ bewiesen Ehrenstein und Gellert ein exzellentes Gespür für Tempo, Subtext und die leise Ironie, mit der Schnitzler die Welt des Theaters und die Rollenbilder seiner Zeit seziert. Michaela Ehrenstein ließ mit nuancierter Stimme und pointierter Mimik die Figur der Helene zwischen Lebensklugheit und Verletzlichkeit wechseln, während sie als Fritzi eine feine Mischung aus Charme und Melancholie beisteuerte. Das Zusammenspiel der beiden war präzise und lebendig, ein hörbares Vergnügen.
In HALBZWEI schärften beide Vortragenden den Blick für Schnitzlers psychologische Raffinesse. Ehrenstein und Gellert wechselten spielerisch zwischen distanzierter Erzählhaltung und emotionaler Nähe zu den Figuren. Besonders beeindruckend war die kluge Zurückhaltung, mit der sie die zwischenmenschlichen Spannungen und gesellschaftlichen Zwänge dieser Momentaufnahme zur Geltung brachten.
Der Abend war nicht nur ein Plädoyer für die Wiederentdeckung weniger bekannter Schnitzler-Texte, sondern auch ein Beweis für das Können zweier Vortragender, die mit Feinsinn und Bühnenpräsenz den Geist dieser Literatur spürbar machten.
Ein literarisch wie darstellerisch gelungener Abend.
6 von 6 Sternen: ★★★★★★
Kritik: Michaela Springer; Fotos: Wolfgang Springer
www.haus-hofmannsthal.at * www.michaela-ehrenstein.at