02.08.2025 - Freilichbühne Tecklenburg

PRISCILLA – Königin der Wüste

Im Sommer 2025 begeistert das Musical PRISCILLA – Königin der Wüste die Zuschauer:innen bei den Freilichtspielen Tecklenburg. Kaum ein Musical passt so sehr in unsere heutige Zeit, wie dieses. In den USA wäre eine Aufführung derzeit vermutlich verboten.


Das Stück basiert auf dem gleichnamigen Film von Stephan Elliot aus dem Jahr 1994 und erzählt die Geschichte einer Transsexuellen und zweier Dragqueens, die mit einem alten Bus durch das australische Outback reisen.

Tick (Adrian Becker) tritt gerade in einem kleinen Club in Sydney auf, als ihn seine Ex-Frau anruft. Vor Jahren hatte er sich von ihr getrennt, weil er sich zu Männern hingezogen fühlt. Nun bittet sie ihn, nach Alice Springs zu kommen und dort einige Shows zu geben. Erst als sie erwähnt, dass ihr gemeinsamer Sohn nach ihm gefragt habe und ihn endlich kennenlernen wolle, sagt Tick zu.

Da er die Shows nicht alleine machen möchte, bittet er die transsexuelle Bernadette (Gerben Grimmius) ihn zu begleiten. Nach dem Tod ihres Mannes sucht sie Ablenkung und willigt ein. Auch Adam (Tobias Bieri), alias Dragqueen Felicia, schließt sich der Reise an – obwohl er und Bernadette sich überhaupt nicht leiden können. Schließlich kaufen sie einen alten Schulbus, den sie vor der Abfahrt auf den Namen Priscilla – Königin der Wüste taufen.

Unterwegs stoßen sie auf Ablehnung und Hass: In einem kleinen Dorf werden sie nach einem Barbesuch Opfer homophober Schmierereien an ihrem Bus. Dennoch setzen sie ihre Reise fort und begegnen unterwegs Kängurus, Koalas und riesigen Spinnen, bis der Bus liegenbleibt.

Die Bewohner eines nahegelegenen Ortes, allen voran Mechaniker Bob (Benjamin Eberling), helfen ihnen weiter. Gemeinsam feiern sie mit den Dorfbewohnern und Bob überredet sie, in der lokalen Bar aufzutreten. Dabei erfährt Bob, dass Bernadette einst Teil der legendären Gruppe „Les Girls“ war, deren Shows er früher selbst gesehen hatte. Zwischen den beiden entwickelt sich eine zarte Romanze – auch wenn Bobs Frau Cynthia (Giulia Fabris) den Auftritt mit einer sehr eigenwilligen Show stört.

Schließlich begleitet Bob das Trio auf dem letzten Abschnitt ihrer Reise. In einem weiteren Ort ignoriert Adam Bobs Warnung, sich dort nicht zu sehr „aufzutakeln“, wird von Männern angefeindet und bedrängt und schließlich von Bernadette gerettet.

In Alice Springs angekommen, trifft Tick endlich seinen Sohn Benjamin. Er möchte jedoch um keinen Preis, dass Benjamin erfährt, was er beruflich macht. Doch als dieser zufällig in die Show platzt und seinen Vater in Frauenkleidern sieht, reagiert er völlig unproblematisch.

Das Stück ist ein wahres Gute-Laune-Musical mit viel Herz und Tiefgang – besonders in unserer heutigen Zeit. Zahlreiche bekannte Hits wie „It’s Raining Men“, „Go West“ oder „I Will Survive“ sorgen für Partystimmung. Während im Film die Songs im Playback laufen, haben die Tecklenburger dies live, kraftvoll und beeindruckend umgesetzt. Drei großartige Diven (Rachel Marshall, Amber Schopp und Bettina Meske) verstärken das Trio als stimmgewaltige „innere Stimmen“.

Auch der große Chor der Freilichtspiele wurde stärker als in den Vorjahren eingebunden, sowohl gesanglich als auch choreografisch – und füllt die Bühne perfekt aus. Ein echtes Highlight ist der Bus, der sich in drei Teile zerlegen lässt und sowohl von außen als auch von innen bespielt wird. Die Fahrt durchs Outback wird fantasievoll inszeniert – mit Kängurus, Koalas, Riesenspinnen und sogar einem kurzen Gastauftritt von Shrek, Anspielung an das Kinderstück in Tecklenburg dieses Jahr. Fabienne Ank ist hier mit ihrer Kostümausstattung eine wahre Meisterleistung gelungen: Von der bunten Tierwelt über schrille Dragqueen-Outfits bis hin zu den glamourösen Kostümen der Diven gibt es ein farbenprächtiges Spektakel, besonders beim Song „Colour My World“.

Getragen wird die Show jedoch vor allem von den drei Hauptdarstellern. Hut ab vor der Leistung, zwei Stunden lang in Stöckelschuhen über die steinerne Bühne von Tecklenburg zu laufen! Adrian Becker überzeugt mit emotionalem Spiel und starker Stimme, Tobias Bieri brilliert als energiegeladener Adam, und Gerben Grimmius verleiht Bernadette Eleganz und Glamour – nicht ohne Grund ist er der Publikumsliebling. Auch Benjamin Eberling als Mechaniker Bob glänzt mit perfekter Mimik und toller Bühnenpräsenz.

Neben der Szene mit den Tieren bleibt besonders der finale Auftritt in Alice Springs in Erinnerung: Das Trio ist nur von hinten zu sehen, während die Show im Zeitraffer mit ständig wechselnden Kostümen abläuft – großartig umgesetzt.

Einmal mehr beweisen die Freilichtspiele Tecklenburg, dass sie den Nerv der Zeit treffen. Gerade heute ist die Botschaft dieses Stücks wichtiger denn je: Menschen sollten nicht aufgrund ihrer Andersartigkeit verfolgt oder ausgegrenzt werden – eine Botschaft, die auch 30 Jahre nach der Originalgeschichte nicht an Relevanz verloren hat.

Diese Inszenierung ist ein absolutes Highlight des Sommers und hat sich ihre 6 von 6 Sternen ★★★★★★ mehr als verdient.

    Kritik: Verena Bartsch; Fotos: Daniel Lagerpusch

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www.freilichtspiele-tecklenburg.de



 

 

 

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